Der Herr Jesus hat das Abendmahl zu unserem Nutzen, zum Segen also, eingesetzt, damit wir uns immer bewusst sind, dass wir als Gerettete durch die Welt gehen und eines Tages in Seinem Königreich gemeinsam mit Ihm das Hochzeitsmahl einnehmen. Das soll uns in dieser Welt der Widernisse stärken. Vor allem sollen wir in Ehrfurcht und Demut uns daran erinnern, was Jesus für uns durchgemacht und durchlitten hat, um uns zu erretten.
Dafür ist es jedoch erforderlich, dass wir würdig zum Mahl des Herrn gehen: Wenn wir unseren Streit, unseren Hass und unseren Hader mit an den Tisch des Herrn nehmen, wenn wir unsere Kirchengemeinde spalten, wenn wir uns in Endlosdiskussionen, die nichts bringen, verlieren, dann müssen wir uns fragen, ob es uns darum geht, den Herrn zu ehren oder darum, uns selbst zu produzieren.
Wir sollten konzentriert am Mahl des Herrn teilnehmen. Das bedeutet, dass wir nicht hungrig und mit knurrenden Magen hingehen und dann nur an das Essen denken. Im Brief an die Korinther kritisiert Paulus, dass einige sogar betrunken zum Mahl des Herrn gekommen sind. Auch wenn wir heutzutage wohl kaum betrunken zu einem Gottesdienst gehen, erhebt sich die Frage, ob nicht der ein oder andere vielleicht etwas alkoholisiert ist. Für Manchen bedeutet ein Bierchen am Sonntag morgen nicht sehr viel. Doch gehen wir mit einer Bierfahne zur Arbeit, zu einem Vorstellungsgespräch oder auf einen Besuch, bei dem wir uns nicht blamieren wollen? - Wohl kaum! Deshalb sollten wir, wenn wir zur Kirche gehen, absolut nüchtern sein: Letztendlich gehen wir nicht für die Leute, nicht für die anderen Gottesdienstbesucher und auch nicht für den Pfarrer in die Kirche, sondern wir wollen Jesus ehren. Und Jesus ist ja nicht irgendwer, sondern Er ist der König aller Könige und aller Welt zugleich, aber auch und vor allem unser ganz persönlicher Erlöser, dem wir Dank und Respekt schulden.
Gleichzeitig dürfen wir nicht jene beschämen, die arm in unserer Gemeinde sind: Zur Zeit der ersten Gemeinden war das Abendmahl wahrscheinlich mit einer größeren Auswahl an Essen verbunden, dass sich jeder mitbrachte. Damit wurden die beschämt, die kaum etwas hatten und ein karges Leben fristen mussten. Doch auch heute können wir Arme beschämen. Manchmal sind es unbedachte Worte wie: "Wer Arbeit will, der findet auch welche!" - Was muss dann der Langzeitarbeitslose empfinden, der sich die Finger wund schreibt an Bewerbungen, der zu Personalabteilungen hin telefoniert wie ein Weltmeister, der bei Unternehmen Klinken putzt und trotz intensivster Bemühungen keine Chance erhält? Was muss eine fleißige Küchenhilfe oder eine fleißige Frisöse oder ein fleißiger Wachmann empfinden, wenn ein Gutverdiener damit prahlt, ein Spitzengehalt zu bekommen und sagt, dass jeder das Salär erhält, welches er wert ist? Dumpinglöhne unter 5 Euro brutto (!) die Stunde, sind nicht nur im Osten Deutschlands eine Armutsfalle.
Es ist aber nicht allein das direkte Beschämen der Armen, sondern es erhebt sich die Frage, ob wir unser Christsein auch im Alltag ernst nehmen: Christ ist man schließlich nicht für eine Stunde im Gottesdienst oder für die Zeit während der Gebetsgemeinschaft oder des Bibelkreises, sondern man ist es 24 Stunden am Tag, an jedem Tag der Woche, das ganze Jahr über, an Werk- und Feiertagen, bei der Arbeit und in der Freizeit. Es passt was nicht, wenn ich von den Zehn Geboten am Sonntag rede und am Montag lüge, stehle, verleumde und den Namen des Herrn damit in den Schmutz ziehe. Es passt was nicht, wenn ich im Bibelkreis schöne und gelehrte Worte über die Bergpredigt von mir gebe, die sehr segensreich sein können, wenn ich einen Tag später Streit vom Zaun breche, wenn ich jeden verklage für nichts und wieder nichts, wenn ich meine Aggressionen an den unpassendsten Stellen auslasse, wenn ich vom Hass zerfressen bin. Es bringt nichts, wenn ich vom barmherzigen Samariter eine vielleicht ganz gute Predigt schreibe, aber mich abwende von einer alten Frau, die meine Hilfe beim Umsteigen braucht.
Vom Christentum haben mich letztendlich ja die überzeugt, die es auslebten. Mancher half mir ganz einfach und oft sprang er dabei über den eigenen Schatten. Und oft sah ich Christen, die sich für andere engagierten und davon kein Federlesens machten: Sie taten und tun es aus Liebe zu Gott und den Menschen; sie sind es, die dann würdig zum Mahle des Herrn gehen, denn Gott lobt man nicht nur durch Sein Denken und Reden, nicht allein durch Gottesdienstbesuch und Bibelkreis, obwohl dies genauso dazu gehört wie alles andere und sehr wichtig ist, sondern auch durch Sein alltägliches Handeln.
Wir dürfen nicht vergessen, dass wir beim Abendmahl den Tod des Herrn und Seine Passion verkündigen: Wir dokumentieren Seinen Leidensweg zur Rettung der Menschen. Sein Kreuz war schwer, nicht nur von den Sünden der anderen Menschen, sondern auch von den eigenen. Für mich persönlich bedeutet das: Durch die Sünden, die ich bereits begangen habe, habe ich Lasten auf Sein Kreuz und Seinen Rücken gelegt; jeder Peitschenhieb, den Jesus bekam, jede Demütigung, jede Dorne in Seiner Krone hat einen erheblichen Anteil von mir: Ich muss diesen Anteil nicht noch vergrößern.
Mit anderen Worten: Der rettende Glaube an Christus Jesus ist nur dann echt, wenn ich mich von Ihm verwandeln lasse; er ist aber kein Freifahrtschein für das muntere drauflos sündigen. Wer meint: "Ich habe ja Jesus als meinen ganz persönlichen Retter und Erlöser angenommen und kann jetzt munter so weiter machen wie früher!", der muss sich fragen, ob er da nicht etwas falsch verstanden hat.
Zugegeben: Wir sind keine perfekten Menschen, wir machen Fehler, wir sündigen auch als Christen, wir beschämen manchmal andere ohne es zu wollen oder gar zu bemerken. Manches tun wir unbewusst ohne es zu wollen, und anderes meinen wir sogar gut. Deshalb ist es ja auch wichtig, vor Gott auch die unbewussten Sünden zu bringen wie es einst David getan hat. Wir dürfen Gott ja ruhig bitten, uns noch mehr zu verändern, uns noch mehr in das Bild Jesu zu verwandeln und uns würdig zum Abendmahl gehen zu lassen.
Dabei dürfen wir uns aber auch bewusst machen, dass es ein Gemeinschaftsmahl ist, an dem unsere Glaubensgeschwister teilnehmen. Durch das Kreuzesopfer Jesu sind wir Blutsverwandte geworden. Deshalb ist es nicht verboten, die Kranken und Schwachen der Gemeinde zu besuchen, den Bedürftigen zu helfen, die Traurigen zu trösten und sich mit den Fröhlichen zu freuen. Wenn unser Handeln von der Liebe Jesu getragen ist, dann werden wir auch würdig zum Abendmahl gehen und uns nicht ins Gericht essen und trinken.
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