| Er muß wachsen, ich aber muß abnehmen
Der von oben her kommt, ist über allen. Wer von der Erde ist, der ist von der Erde und redet von der Erde. Der vom Himmel kommt, der ist über allen
und bezeugt, was er gesehen und gehört hat; und sein Zeugnis nimmt niemand an. Wer es aber annimmt, der besiegelt, dass Gott wahrhaftig ist.
Denn der, den Gott gesandt hat, redet Gottes Worte; denn Gott gibt den Geist ohne Maß.
Johannes 3, 30-36
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In der vergangenen Woche war der Johannistag. Das ist der 24. Juni, an dem es genau
sechs Monate bis zum Heiligen Abend sind. Der Johannistag ist im Brauchtum verankert.
Nur wenige machen sich allerdings bewusst, dass am Johannistag Johannes des Täufers
gedacht wird, der als letzter Prophet des Alten Bundes die Welt, in der er lebte, auf das
Kommen Jesu, das wir sechs Monate später, an Weihnachten feiern, eingestimmt hat.
Von ihm ist die Aussage, "Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen", überliefert.
Dabei weist er auf Jesus Christus hin, der "von oben her", also von Gott her kommt, und
der uns deshalb aus erster Hand Zeugnis über das geben kann, was im Himmel ist.
Jesus Christus hat uns, wie wir wissen, keine Zustandsberichte über den Himmel gegeben.
Unsere Neugierde, "wie es im Himmel aussieht" und wie die Dinge dort beschaffen sind,
wurde und wird nicht befriedigt. Wer solches erwartet, hätte im übrigen einen Blick für das
"Nebensächliche", weil es nie auf Äußerlichkeiten, sondern immer nur auf ein erfülltes
Dasein ankommt, was bereits für diese Welt gilt. Und Himmel bedeutet erfülltes Leben
oder besser: "die (nicht mehr überbietbare) Fülle des Lebens".
Entscheidend ist deshalb nicht "wie es im Himmel" aussieht, sondern wie man überhaupt
dorthin kommt, und in diesem Punkt kann uns Jesus aus allererster Hand informieren.
In den Evangelien, und in der Bibel geht es eigentlich um gar nichts anderes, als darum,
wie man in den Himmel kommt.
Und da werden gerade auch im Johannesevangelium sehr klare Aussagen gemacht. Da
geht es um das Wiedergeborenwerden und den rettenden Glauben. Bereits im anschließenden Vers 36 heißt es:
Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben. Wer aber dem Sohn nicht
gehorsam ist, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt
über ihm.
Sich gegen den Sohn zu stellen, heißt in seinem alten Wesen und damit in seinem
natürlichen Zustand, nämlich dem, unter dem Zorn Gottes, zu verharren und das
bedeutet, nicht zur Fülle des Lebens zu gelangen.
Und Jesus sagt: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der
hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen (Johannes 5,24).
Hier wird der rettende Glaube angesprochen, auf den es ankommt.
Und Jesus zeigt uns hier den Weg, ja er selbst ist der Weg und gibt sichere Wegweisung,
indem er seine Hörer und uns auf das hinweist, auf das es ankommt: Auf Gott und sein
fleischgewordenes Wort, Jesus Christus, zu hören, ihm zu vertrauen, sich in allen Dingen
von IHM und seinen Geboten leiten lassen und sein Erlösungswerk als für dich und mich
geschehen, anzunehmen.
Das hat zur Folge, dass ich, was mein Wesen betrifft, abnehme und ER zunimmt. Ich lege
meine alte Adamsart, die des natürlichen Menschen, der sich gegen Gott stellt und selbst
Herr sein möchte, mehr und mehr ab und lasse Jesus, in gleichem Maße, mehr und mehr
Herr über mich sein. Es kommt also zu einem Herrschaftswechsel in meinem Leben. An die
Stelle des ICH tritt ER, der HERR.
Aber wer glaubt schon, dass dies realistisch und ein guter und gangbarer Weg ist? Und wer
kann das überhaupt ernsthaft wollen, diese Selbstaufgabe (bei der man allerdings alles gewinnt)?
Fragen, die so alt sind, wie das Evangelium selbst. Und hier scheiden sich nach wie vor die Geister.
Hier fällt die Entscheidung über ewiges Leben oder ewigen Tod. Wer sich aber ernsthaft auf das
Angebot einlässt, das heißt umkehrt und ein neuer Mensch wird, wird sich in des Wortes positiver Bedeutung "wundern".
Er erlebt und kann bezeugen, dass da tatsächlich etwas dran ist. Kurzum, er nicht Wunschvorstellungen aufgesessen ist, sondern Gott ebenso real wie sein Wort ist, das er uns durch
seinen Sohn ausrichten lässt: Absolut zuverlässig und wahrhaftig, das dem Leben in allen
Punkten eine Wende zum Besseren gegeben hat und das dann in die Ewigkeit einmündet.
Und nicht nur das: Gott beschenkt den Glaubenden schon hier mit seinem Geist, der ihn in
alle Wahrheit leitet, damit er auf dem Weg zum Leben bleibt und sich dieses Weges immer
wieder gewiss wird.
Und mehr kann man sich eigentlich gar nicht wünschen.
Bei dir, Jesu, will ich bleiben,
stets in deinem Dienste stehn;
nichts soll mich von dir vertreiben,
will auf deinen Wegen gehn.
Du bist meines Lebens Leben,
meiner Seele Trieb und Kraft,
wie der Weinstock seinen Reben
zuströmt Kraft und Lebenssaft.
Könnt ich's irgend besser haben
als bei dir, der allezeit
soviel tausend Gnadengaben
für mich Armen hat bereit?
Könnt ich je getroster werden
als bei dir, Herr Jesu Christ,
dem im Himmel und auf Erden
alle Macht gegeben ist?
Wo ist solch ein Herr zu finden,
der, was Jesus tat, mir tut:
mich erkauft von Tod und Sünden
mit dem eignen teuren Blut?
Sollt ich dem nicht angehören,
der sein Leben für mich gab,
sollt ich ihm nicht Treue schwören,
Treue bis in Tod und Grab?
Ja, Herr Jesu, bei dir bleib ich
so in Freude wie in Leid;
bei dir bleib ich, dir verschreib ich
mich für Zeit und Ewigkeit.
Deines Winks bin ich gewärtig,
auch des Rufs aus dieser Welt;
denn der ist zum Sterben fertig,
der sich lebend zu dir hält.
Bleib mir nah auf dieser Erden,
bleib auch, wenn mein Tag sich neigt,
wenn es nun will Abend werden
und die Nacht herniedersteigt.
Lege segnend dann die Hände
mir aufs müde, schwache Haupt,
sprich: »Mein Kind, hier geht's zu Ende;
aber dort lebt, wer hier glaubt.
Bleib mir dann zur Seite stehen,
graut mir vor dem kalten Tod
als dem kühlen, scharfen Wehen
vor dem Himmelsmorgenrot.
Wird mein Auge dunkler, trüber,
dann erleuchte meinen Geist,
dass ich fröhlich zieh hinüber,
wie man nach der Heimat reist
(Lied, Philipp Spitta, 1833)
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(Autor: Jörgen Bauer) |