Wer sich als bibelgläubig outet, wird schnell verlacht: Allenfalls akzeptiert man ein "aufgeklärtes, liberales Christentum", also eines, dass sich selbst möglichst ganz relativiert. Wagt man es aber, an biblischen Prinzipien festzuhalten, z. B. im Bezug auf eheliche Treue und traditionelle Familie, dann gilt man schon als ewig Gestriger. Schnell wird man in die Ecke von Spinnern gestellt und mit religiösen Extremisten und Terroristen gleich gesetzt, die Amok laufen oder Selbstmordattentate begehen. Auch der Vergleich mit Rechtsextremisten und Nationalsozialisten wird nicht gescheut: Sogar Eva Hermann war dem Vorwurf, rechtsextremistisch zu sein und zur NPD zu tendieren, ausgesetzt; dabei hat sie sich mehr als deutlich von jeder Form des Extremismus, insbesondere von rechts, abgegrenzt.
Erklärte Kreationisten werden gleich als naive Tagträumer abgestempelt, unfähig, moderne wissenschaftliche Erkenntnisse anzuerkennen; dabei ist bezeichnend, dass diejenigen, die solche Vorwürfe erheben, keine Argumente vorbringen können. Wenn man auf die Lücken der Evolutionstheorie hinweist und darauf, dass es kein einziges Artefakt und kein einziges Fossil gibt, das für Darwins Theorie spricht, wird man angegriffen, doch es wird kein Gegenbeweis erbracht.
Gleichzeitig wartet die Welt voller Ungeduld darauf, dass ein Christ scheitert, sei es moralisch, sei es menschlich, sei es beruflich oder anderswo. Dann kommen die Vorwürfe: "Und du willst Christ sein?" Oder: "Siehste, die sind noch schlimmer als wir!" - Diese Feststellung soll keine Entschuldigung und schon gar kein Freibrief für das sein, was Christen an Schuld auf sich laden. Aber wir Christen sind auch keine perfekten Menschen. Und wer sagt denn, dass der christliche Glaube der Garantieschein für Karriere und Wohlstand in dieser Welt ist? Jesus hat uns versprochen, dass wir am Ende der Zeiten in Seinem Königreich mit Ihm regieren werden, nicht aber, dass wir bereits im Hier und Jetzt permanent erfolgreich sind und lauter große Lose ziehen und einen Jackpot nach dem anderen knacken. - Das ist jedoch kein Aufruf zum Glücksspiel, sondern soll verdeutlichen, um was es geht.
Ist ein Christ nämlich arm, dann heißt es: "Schau: Sein Gott kann ihn nicht segnen!" Wer aber sagt, dass man als Christ im Geld schwimmen kann? Ist ein Christ reich, dann heißt es: "Er ist ein Geschäftemacher!" Doch wo steht geschrieben, dass seriöse Geschäfte verboten sind? Und warum soll ein Christ nicht auch in materieller Hinsicht reich sein dürfen? Abgesehen ist es ein Widerspruch in sich, Armut und Reichtum immer als Vorwand gegen etwas zu benutzen.
Hiob, der schwer vom Schicksal gebeutelt worden ist, war auch diesem Spott massiv ausgesetzt. Bezeichnend dabei ist, dass gerade diejenigen über Hiob spotteten, die selbst einsam waren und selbst nicht wussten, wie sie über die Runden kommen sollten. Es wäre so, als wenn ich als Langzeitarbeitsloser jedem einen Vortrag hielte, wie man einen Bombenjob findet, obwohl ich für mich bis jetzt noch keine Stelle gefunden habe. Und wer glaubt einem Schwerstkriminellen, der von Moral spricht?
Mit anderen Worten: Wir als Bibelgläubige werden den Spott auch und vielleicht vor allem durch Leute ausgesetzt sein, die am Wenigsten zugänglich für Argumente sind, und es gibt Menschen, die den geringsten Fehltritt eines Christen zum Skandal werden lassen, während sie sich selbst geradezu alles erlauben. Sogar gute Werke, die man zu Recht von uns erwarten darf, werden uns zum Vorwurf gemacht. Wie oft hören wir, Tafeln, Kleiderkammern und Wärmestuben, die von evangelikalen Christen betrieben werden, sei eine einzige Rattenfängerei? Auch der Aktion "Weihnachten im Schuhkarton" von Billy Graham wird der Vorwurf der Rattenfängerei gemacht. Was ist denn falsch daran, armen Kindern weltweit zu Weihnachten eine Freude zu machen? Und um den Vorwurf der mangelnden Nachhaltigkeit entgegen zu treten, sei darauf hingewiesen, dass Samaritan Purchase, die diese Aktion durchführt, Projekte durchführt, die sehr wohl nachhaltig sind. So wurde ein herzkranker Junge aus dem ehemaligen Jugoslawien in den USA auf Kosten von Samaritan Purchase behandelt, ohne die er gestorben wäre.
Sicher müssen wir als Christen kritikfähig sein: Schließlich sind wir keine perfekten Menschen, wir machen Fehler und werden auch schuldig, ob wir wollen oder nicht. Ich selbst bin sogar froh darüber, dass mich Nichtchristen auf die eigenen Mängel gestoßen haben: Dadurch konnte ich zeigen, dass ich sie ernst nehme und die eigene Heiligung für mich nicht eine Phrase ist, sondern ein stetiges Bemühen; ich wünsche mir, durch Gottes Hilfe hier erheblich erfolgreicher zu werden. Doch als Christen müssen wir auch unterscheiden, was lediglich Spott ist und Sarkasmus. Man muss nicht alles ausprobiert haben, um mitreden zu können; letztendlich isst man ja auch keine Giftpilze, um über deren Wirkung referieren zu können, und man begibt sich nicht unnötig in Gefahr, um über solche Situationen berichten zu können.
Wir sind durch unsere Moral nicht weltfremde Spinner, die im Gestern leben; vielmehr ist der heutige Mangel an Moral verantwortlich für Sozialmissbrauch, für Versicherungsbetrug, für Steuerhinterziehung usw. Dinge also, die uns alle betreffen. Wo eheliche Treue und familiärer Zusammenhalt fehlen, dort werden Individuen und ganze Gesellschaften unverbindlich und unsolidarisch, insbesondere zum Nachteil der Schwachen und Bedürftigen.
Auch Christus wurde verspottet, selbst noch am Kreuz, und dennoch bat Er sowohl für Seine Mörder als auch für Seine Spötter. Lassen wir uns also nicht vom Spott derer beeindrucken, die mit Fingern auf uns zeigen. Es ist nicht entscheidend, was Menschen von uns denken, sondern wie Gott von uns denkt.
|