„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!“ – so begegnet uns seit Menschengedenken der Lobgesang der „himmlischen Heerscharen“ (Lukas 2,14). Sei es in der Verkündigung der Geburt Jesu, in vielen Weihnachtsliedern und Oratorien, bei Weihnachtsfeiern und auf Glückwunschkarten zum Weihnachtsfest, er ist in der Weihnachtszeit allgegenwärtig. Auch in der Liturgie hat er mit der kleinen Wortlautänderung „…und auf Erden Fried“ seinen Platz gefunden.
In neuerer Zeit findet mit „bei den Menschen des (oder seines) Wohlgefallens“ eine etwas treffendere Wiedergabe des griechischen Grundtextes zunehmend Eingang in den kirchlichen Sprachgebrauch, aber vom Wohlklang her ist die altgewohnte Übersetzung „…und den Menschen ein Wohlgefallen“ von Martin Luther gewiss die schönste von allen Varianten.
Ob in den althergebrachten Text oder in neuere Varianten eingebettet – das Wort „Wohlgefallen“, das auch in der Allgemeinsprache seinen Platz hat, ist eine Wortschöpfung, die wir möglicherweise Martin Luther zu verdanken haben. Dieser hatte bei der ohnehin schwierigen Arbeit der Bibelübersetzung auch noch mit dem Problem zu kämpfen, dass es nicht nur keine einheitliche deutsche Sprache gab, sondern dass auch vielfach die Wörter fehlten, mit denen manche ursprachlichen Begriffe adäquat im Deutschen wiedergegeben werden konnten. So musste er sich erfindungsreich zeigen und mischte sich gerne unter „das Volk“, um für ihn unbekannte Begriffe und Wendungen zu erhaschen.
Aber warum hat „Wohlgefallen“ in der Verkündigung der Geburt Jesu eine so große Bedeutung? Weil es Gott bei der Sendung seines Sohnes in unsere Welt darum ging, an seiner geliebten, aber in Irrungen und Wirrungen verstrickten Menschheit wieder Gefallen zu finden. Jesus konnte für uns ins Mittel treten, weil kein Geringerer als Gott der Vater höchstselbst ihm bescheinigte, an ihm Wohlgefallen zu haben. Das lesen wir in mehreren Evangelien und im 2. Petrusbrief.
In dem mit Wohlgefallen wiedergegebenen griechischen Wort steckt ein weiterer Aspekt, ähnlich der zweiten Seite ein und derselben Medaille. Während es bei der ersten Seite der Medaille darum geht, dass Gott uns gnädig ansieht, Freude an uns hat, ist die zweite Seite unseren Mitgeschöpfen zugewandt. Für diese „Zuwendung“ gibt es im Deutschen das Wort „Wohlwollen“, mit dem der ursprachliche Begriff ebenfalls wiedergegeben werden kann. Vom Wohlgefallen auf der einen zum Wohlwollen auf der anderen Seite – ist es nicht das, was unsere Zeit im Umgang miteinander am nötigsten braucht? Dieter Trautwein hat diesen wichtigen zweiten Aspekt in seinem Weihnachtslied „Weil Gott in tiefster Nacht erschienen“ (EG Nr. 56) in die Worte gekleidet „Nimm an des Christus Freundlichkeit, trag seinen Frieden in die Zeit“. Dann haben wir allen Anlass, „Welt ging verloren, Christ ist geboren“ zu singen und einander „Frohe Weihnachten!“ zu wünschen.
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