Der schöne Ostertag! Ihr Menschen kommt ins Helle!
So beginnt das zweitletzte Osterlied (Nr. 117) im Evangelischen Gesangbuch (EG). Es wurde von Jürgen Henkys (1929 – 2015) aus dem englischen „This Joyful Eastertide“ ins Deutsche übertragen und bedenkt die Auferstehung Jesu aus einem besonderen Blickwinkel.
Die unseren Osterliedern vorausgehenden Passionslieder zeichnen nicht nur das Leiden und Sterben Jesu und das damit verbundene Herzeleid nach, sondern auch das, was dadurch für uns Menschen bewirkt wurde. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Lied EG 80 „O Traurigkeit, o Herzeleid“, das beide Elemente in sich vereinigt: „O große Not! Gotts Sohn liegt tot“ und „Am Kreuz ist er gestorben: hat dadurch das Himmelreich uns aus Lieb erworben“.
Das Heilsgeschehen durch Kreuz und Leid ist nicht allein den Passionsliedern vorbehalten, sondern wird auch von den Autoren der Osterlieder immer wieder neu aufgegriffen, gleichwohl nun nicht mehr bestimmt von Trauer und Klage, sondern vom Oberton der Freude darüber, dass der Gekreuzigte das zu Betrauernde und zu Beklagende überwunden hat: „Er ist erstanden von dem Tod, hat überwunden alle Not; kommt, seht, wo er gelegen hat“ (EG 103,4). Diese Freude wird mit vielfachem Halleluja zum Ausdruck gebracht und durchzieht das gesamte Osterliederspektrum bis hin zu dem alten Osterlied „Ostern, Ostern, Frühlingswehen!“ von Max von Schenkendorf (1783 – 1817):
Ostern, Ostern, Frühlingswehen!
Ostern, Ostern, Auferstehen
aus der tiefen Grabesnacht,
aus der tiefen Grabesnacht!
Blumen sollen fröhlich blühen,
Herzen sollen heimlich glühen,
denn der Heiland ist erwacht,
denn der Heiland ist erwacht.
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In diesem Lied (noch in älteren evangelischen Gesangbüchern zu finden) schwingt sich die zunächst getragene Melodie von Zeile zu Zeile zum brausenden Osterjubel auf, der am Schluss der ersten Strophe besonders machtvoll zu erklingen scheint: „Denn der Heiland ist erwacht!“
Doch der größte Osterjubel verebbt, und die Frage stellt sich „Was bleibt nach dem Ende der Feierlichkeiten und dem Verklingen der mannigfachen Hallelujas?“.
Diese Frage darf mit einer an den Auferstandenen gerichteten Bitte verschmelzen, die uns in Vers 5 von Lied 103 in den Mund gelegt wird: „Nun bitten wir dich, Jesu Christ, weil du vom Tod erstanden bist, verleihe, was uns selig ist“. Damit kommt das ins Spiel, worauf es im Ostergeschehen für uns ankommt. Und worauf dieses hinausläuft, schält sich in der 6. und letzten Strophe mit der Bitte heraus „O mache unser Herz bereit, damit von Sünden wir befreit dir mögen singen allezeit: „Halleluja, Halleluja, Halleluja“.
Doch was hat das alles mit dem als Titel dieses Beitrags hervorgehobenen Lied EG 117 „Der schöne Ostertag! Ihr Menschen kommt ins Helle!“ zu tun? Es bedenkt, wie oben gesagt, die Auferstehung aus einem besonderen Blickwinkel, nämlich dem:
Was wäre, wenn
- er [Jesus] „im Gefängnis“ mit dem „schweren Stein“ davor geblieben wäre;
- er noch läge, wo die Frauen ihn nicht fanden;
- ihn „des Todes Wellen … fortgerissen hätten?“
Dann – so das düstere Fazit:
"glaubten wir umsonst, kämpften wir umsonst, hofften wir umsonst.“
Und – so füge ich hinzu – feierten wir umsonst.
Wie tröstlich, dass Autor Jürgen Henkys aus gutem Grunde am Schluss jeder Strophe all dem Düsteren das strahlend helle Licht des „Doch nun ist er erstanden, erstanden, erstanden!“ entgegensetzt und damit den „schönen Ostertag“ einläutet.
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