Sicherlich berechtigtes Stirnrunzeln da und dort beim Lesen der Überschrift dieses Beitrags: Der Tod, der schmerzliche Lücken in Familien reißt, Urheber unendlichen Herzeleids ist und zahllose Lebensentwürfe zunichte macht, soll uns als Bruder präsentiert werden? So etwas braucht niemand!
Das ist völlig korrekt. Der dem Sonnengesang von Franz von Assisi nachempfundene „Bruder Tod“ (Matthias Claudius spricht von „Freund Hein“, andere von „Gevatter Tod“) soll dem Tod eine gewisse Schärfe nehmen, doch auch ein „weichgespülter“ Schnitter Tod ist kein Bruder oder Freund (wenn auch von manchen herbeigesehnt), sondern „der letzte Feind, dem der Garaus gemacht wird“ (1. Korinther 15,26).
Die christliche Gemeinde blickt zuversichtlich über Tod und Grab hinaus, weshalb der letzte Sonntag vor dem 1. Advent neben „Totensonntag“ auch „Ewigkeitssonntag“ genannt wird. Er ist nach wie vor dem Gedenken unserer Verstorbenen gewidmet, aber auch dem Aspekt der Ewigkeitshoffnung. Diese richtet den Blick auf den „Herrn über Leben und Tod“, der die unbeschränkte „Schlüsselgewalt“ in der Hand hat. Er allein weiß, wann die Zeit für den (in großen Nöten oft sehnlichst erwarteten) Ruf „Komm heim!“ da ist. Auf diesen Ruf und die Begegnung mit dem „wahren“ Bruder freute sich seinerzeit (vor 500 Jahren) auch der Liederdichter Melchior Vulpius mit den Worten „Mit Freud fahr ich von dannen zu Christ, dem Bruder mein, dass ich mög zu ihm kommen und ewig bei ihm sein“ (aus dem Evangelischen Gesangbuch (EG) 516,2, Christus, der ist mein Leben und Sterben mein Gewinn).
„Sterben mein Gewinn“? Melchior Vulpius begründet diese Perspektive mit den beiden letzten Zeilen von Vers 1 kurz und bündig wie folgt: „Ihm hab ich mich ergeben, mit Fried fahr ich dahin.“
Nicht weniger aussagekräftig formulierten dies 1994 Fritz Baltruweit und Barbara Husted in heutiger Sprache:
„Ich sing dir mein Lied – in ihm klingt mein Leben.
Den Rhythmus, den Schwung hast du mir gegeben
von deiner Geschichte, in die du uns mitnimmst,
du Hüter des Lebens. Dir sing ich mein Lied.“ (EG+ 96,2). |
In Gottes Geschichte mitgenommen werden – das mündet in „das Heil, für das du uns geschaffen hast“ aus der Feder von Dietrich Bonhoeffer (EG 65,2).
Dass „ewiges Leben“ kein verstaubter Begriff ist, zeigt sich noch heutzutage zum Beginn eines Menschenlebens mit der Frage an die Eltern: „Mit welchem Namen soll Ihr Kind in diesem und im ewigen Leben gerufen werden?“ Hier fällt auch die enge Verknüpfung von Zeitlichkeit und Ewigkeit ins Auge.
Sollte es beim Ende eines Menschenlebens anders sein? Sein Gebet zum Ende einer Trauerfeier in einer Taunusgemeinde beschloss der Geistliche mit der Bitte: „Sei unsere Zuflucht im Leben und im Sterben. Amen!“. Das mag auch die Losung des Ewigkeitssonntags 2022 sein.
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