Paul und Ludwig waren Zwillinge. Eines Tages kamen sie mit ihrer Mutter in die Wochenkrippe.
Ihre Mutter war noch sehr jung. Sie studierte noch.
Da blieb für die beiden Kleinen nicht viel Zeit. Der Vater der Kinder hatte sich aus dem Staub gemacht. Die Mutter hatte sich schon wieder einen Neuen angelacht.
So war es für Ludwig und Paul doch mehr eine Abschiebung in die Wochenkrippe. Dort waren sie unter ihres gleichen. Das war für sie wahrscheinlich das kleinere Übel.
Etwas Nestwärme, eine gewisse Ordnung und Routine bekamen sie wohl mit. Auch die Erzieherinnen taten was sie konnten. Doch für eine besondere Hinwendung blieb keine Zeit.
Die Kinder der Krippe waren zu klein um untereinander Beziehungen aufbauen zu können. Sie mussten es hinnehmen wie es kam. So lebten sie die ganze Woche in den Tag hinein. Begleitet und versorgt von den Erzieherinnen. Topfen, waschen, essen, spielen, schlafen und wieder von vorn beginnend.
Es lag eine gewisse Gefühlslosigkeit über allem. Manchmal abrutschend in eine Gefühlskälte.
Wurde den kleinen Kindern das Essen aufgetragen, dann schob man sie in ihren Stühlen so an den Tisch heran, dass sie ohne fremde Hilfe nicht mehr aufstehen konnten. Das nutzten die vorbeigehenden Kinder aus. Sie zogen den Sitzenden, mal eben so, kräftig an den Haaren.
Rebekkas Vater, der das des Öfteren beobachtete, war erstaunt mit welch ausdrucklosen Gesichtern dies geschah.
Nur selten kamen andere Männer um ihre Sprösslinge abzuholen.
So hatten es auch Paul und Ludwig nur mit den Erzieherinnen der Einrichtung zu tun.
Es dauerte gar nicht lange da richtete sich auch ihre Aufmerksamkeit auf den einzigen, regelmäßig erscheinenden Mann.
Dieser Mann war Rebekka ihr Vater. Dieser bemerkte wie ihn die beiden Jungen länger als gewöhnlich musterten. Es waren die gleichen Blicke, die ihm schon Andre` zugeworfen hatte.
Aber anders als wie Rebekka, akzeptierten sie, dass noch mehrere Kinder Bedürftigkeit anmeldeten.
Der Vater sah es wohl, doch er hielt sich zurück. Nur am Wochenende, dann wenn die junge Mutter ihre beiden Buben abholen wollte, begann das gleiche Theater wie er es schon mit Andre` erlebt hatte.
Die Beiden meuterten gegen ihre Mutter und hielten sich an den Hosenbeinen des ihnen vertrauten Mannes fest. Erst nachdem sie beide auf den Armen saßen, ließen sie sich beruhigen.
An der Reaktion der jungen Frau spürte er, wie sehr sie selbst wohl die Geborgenheit eines Elternhauses und dem was es alles schenkt und vermittelt vermissen musste.
Es tat ihr sichtlich wohl seine Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eine Hilfe die keine Ansprüche stellte.
Die Erlebnisse mit den Kindern machte ihn immer wieder nachdenklich.
Es waren besonders die Kinder, die ihre Mütter, selten auch die Väter und manchmal die Großeltern, nur an den Wochenenden sahen, die ihm deutlich machten, wie wichtig ein Elternhaus für Kinder ist.
Er kannte es ja aus eigener Erfahrung. Lange hatte er ein inneres Manko. Er hatte eine liebevolle Mutter.
Doch sie hatte der Nachkriegszeit viel und schwer für die ganze Familie arbeiten müssen. Da blieb wenig Zeit für ihre Kinder.
Der Vater kam nach dem Krieg nicht zur Familie zurück. Der spätere Stiefvater war ein Trinker. Er konnte ihn als Vater nicht akzeptieren. So sah er einen Mann oft mit dem Gedanken an, ob er wohl sein Vater sein könnte. Dieses Verlangen nach einem Vater hatte sich erst dann aufgelöst, als Christus ihn bekehrte.
Seitdem hatte ihm Gott auch eine besondere Sensibilität für Kinder in ähnlichen Umständen geschenkt. So war es auch bei dem kleinen " Schlammmädchen ", wie er es bei sich selbst liebevoll nannte.
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