Die Gemeinde in Laodizea war weder warm noch kalt, sondern lau, also nicht das, was man eindeutig nennt. Äußerlich bekannte sie sich zum Herrn, dem Namen nach waren sie Christen, und wir können uns sicher sein, dass sie regelmäßig zu den Gottesdiensten kamen und zumindest die meisten Mitglieder vor den Leuten als fromm erschienen, doch wirklich konsequent waren sie nicht.
Das erinnert mich an einen Schulfreund: Als wir ungefähr zwölf Jahre alt waren, fragte ich ihn, ob er nachmittags zu mir käme; spaßeshalber antwortete er: "Kann sein, kann aber auch nicht sein." Die Antwort meines Freundes war natürlich ein Scherz, und er kam selbstverständlich bei mir vorbei, doch wäre diese Antwort ernst gewesen, so hätte ich nicht sehr viel damit anfangen können.
So ist es auch mit unserem Christenleben; wir müssen klar und authentisch sein. Ein "Jein" ist nicht eindeutig. Wir können nicht "Ja" sagen und ein "Nein" meinen. Es passt nicht, wenn wir "Ja" sagen und ein "Nein" tun. Wer von uns glaubt schon einem Kettenraucher, wenn dieser sich für ein generelles Rauchverbot ausspricht? Wer nimmt einem Jäger, einem Schlachter, einem Metzger ab, dass dieser Vegetarier ist? Wer glaubt einem Angler, dass dieser keinen Fisch auf seinem Speiseplan hat? Wer Angst vor großen Hunden hat, kommt wohl kaum auf die Idee, Riesendoggen zu züchten.
Wenn wir sagen, dass wir Christen sind, dann darf dies kein Sonntagschristentum sein, welches sich auf den sonntäglichen Gottesdienstbesuch beschränkt, und es ist auch kein Schönwetterchristentum, das an warmen, schönen Sonnentagen mit strahlend blauem Himmel zutage tritt, aber aufhört, sobald es ein wenig regnet. Christ ist man ganz oder gar nicht. Man kann ja auch nicht halb schwanger sein.
Deshalb fordert Jesus die Christen in Laodizea wie auch uns heute dazu auf, eindeutig zu sein und keine halben Sachen zu machen. Unser Glaube ist nur dann von Bestand, wenn er nicht nur Lippenbekenntnis, sondern wirkliche Herzenssache ist; sonst werden wir wie diejenigen Pharisäer und Schriftgelehrten, die nach außen hin sehr fromm schienen und Gott auf den Lippen hatte, nicht aber in ihren Herzen. Ist mein Glaube nur Lippenbekenntnis, dann ist mein christliches Handeln allenfalls reine Pflichterfüllung, das Abarbeiten von Geboten, die einem Abhaken einer To-Do-Liste gleich kommt. Sobald der Glaube an Jesus Herzenssache ist, dann ist Nächsten- und Gottesliebe nicht nur ein Wort, dann sind gute Werke Liebesakte und keine büro- bzw. technokratische Pflichterfüllung.
Man kann es anhand folgenden Beispiels besser verstehen: Eine Krankenschwester, die uns Tabletten verabreicht, weil es in ihrem Arbeitsvertrag so vorgeschrieben ist, wirkt kalt und lieblos; eine Krankenschwester aber, die begeistert und überzeugt ist von ihrem Beruf, tut im Grunde dasselbe, aber man fühlt sich bei ihr wohler. Als ich zum Hotelfachmann umschulte, kamen Menschen gerne an die Tische, die ich bediente: Sie spürten, dass ich diesen Beruf mag.
Weil unser Christ sein von Anderen gesehen wird und wir für das ewige Heil der Menschen um uns herum verantwortlich sind, ist es besonders wichtig, dass wir Christen mit dem und von Herzen sind. Bemerken die Menschen um uns herum, dass wir keine Showmaster sind, sondern "Überzeugungstäter", dann werden, dann sind wir glaubwürdig. Dann leben wir auch nach den biblischen Werten, dann ist Ehrlichkeit, Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit, Friedfertigkeit, Sanftmut und Eindeutigkeit mit Leben erfüllt.
Aber auch als Christen sind wir nicht perfekt: Wir müssen uns immer wieder selbst beleuchten, reflektieren und den Herrn bitten, uns zu helfen, unsere Fehler zu erkennen und uns entsprechend zu verändern. Schließlich verlangt Jesus von uns Buße. Buße bedeutet ja nicht, dass ich mich wie mittelalterliche Büßer in Sack und Asche zu hüllen und mich zu kasteien habe; eine solche Vorstellung ist nicht im Sinne Gottes. Vielmehr bedeutet Buße, dass wir unser Leben verbessern wollen, dass wir besser werden wollen in unserem Denken, in unserem Reden und in unseren Taten.
Dies geht jedoch nicht nach dem Motto: "Mach ich morgen!" Oder: "Irgendwann einmal!" Jesus klopft jetzt an, will jetzt zu uns kommen, will beständig Gemeinschaft mit uns haben. Jesus findet sich nicht mit Halbheiten ab. Wer sich für den christlichen Weg entscheidet, der entscheidet sich für das Folgende: "Wenn schon, denn schon!"
Ein warmer Christ: Das möchte ich sein, denn dort, wo Wärme ist, fühlt man sich wohl. Wärme schafft Vertrauen, gibt Licht. In früheren Zeiten, in denen es weder Radio noch Fernsehen noch Zeitungen gab, in denen kaum jemand lesen konnte, hatten die Geschichtenerzähler einen Ehrenplatz am Ofen. Wenn Menschen bei uns Wärme spüren, dann wissen sie, dass sie nicht frieren müssen in einer kalt gewordenen Welt. Dann gewinnen wir Vertrauen.
Warm oder kalt, also eine klare Entscheidung zu treffen und eindeutig und authentisch als Christen zu leben, war nicht nur eine Aufforderung an die damalige Gemeinde von Laodizea, sondern sie ist auch und vor allem eine Aufforderung an uns. Seien und bleiben wir selbstkritisch, lassen wir uns von Ihm verändern. Es liegt sehr viel Segen darin.
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