Die Schriftgelehrten und Pharisäer haben immer wieder versucht, Jesus in Widersprüche zu verwickeln oder dahingehend zu überführen, dass Er gegen das mosaische Gesetz und damit gegen Gottes Wort lehrte. Es störte sie nämlich in ihrer Selbstgerechtigkeit, dass in Jesus jemand da war, der mit Vollmacht lehrte. Weil Jesus lebt, tut Er das auch heute noch.
Jesus, der alle Gedanken der Menschen und ihre Motive kennt, hat sie natürlich durchschaut und sagte ihnen, dass der, der ohne Sünde ist, den ersten Stein werfen solle: Damit waren sie ihrer Scheinheiligkeit überführt, und ihr Gewissen klagte sie an. Wer von uns ist schon ohne Sünde? Das Gewissen überführte die Schriftgelehrten und Pharisäer ob ihrer Selbstgerechtigkeit, die angesichts menschlicher Schuld immer nur Makulatur bleiben wird. Deshalb gingen sie beschämt fort, überführt von ihrem Gewissen.
Aber sind wir da nur um einen Deut besser? Im Verurteilen sind wir alle schnell, und wir legen an Andere weitaus strengere Maßstäbe als an uns selbst. Während es uns schwer fällt, anderen auch nur Kleinigkeiten zu vergeben, nehmen wir für uns eine Großzügigkeit in Anspruch, die überzogen ist. Wir fordern von unseren Mitmenschen absolute Ehrlichkeit, während wir es gleichzeitig richtig finden, unsere Nächsten anzulügen, dass sich die Balken nicht nur biegen, sondern krachend zerbersten. In Ordnung ist das nicht. Das ist die Aufforderung an uns, zu allererst einmal vor unserer eigenen Haustür zu kehren und Gott um die Verzeihung unserer eigenen Schuld zu bitten. Das setzt Sündenerkenntnis, also eine selbstkritische Bestandsaufnahme, voraus.
Doch auch die Worte, die Jesus an die Ehebrecherin richtet, sprechen in unser Leben, selbst dann, wenn wir nie einen Ehebruch begangen haben sollten, wozu auch schon das Begehren einer anderen Frau in Gedanken gehört. Die Ehebrecherin wusste um ihre Schuld und redete sich nicht heraus: Sie suchte nicht nach irgendwelchen Entschuldigungen oder Ausflüchten, sondern gestand ihre Schuld ein. Sind auch wir bereit, unsere Schuld unumwunden zuzugeben oder suchen wir Ausreden oder versuchen wir sogar, unsere Schuld auszublenden oder gar als gute Tat hinzustellen?
Jesus kritisiert also nicht nur die Schriftgelehrten und Pharisäer von damals, sondern auch unsere Selbstgerechtigkeit von heute. Es geht also zunächst einmal darum, die eigene Sündhaftigkeit zu erkennen, vor Gott zu bringen und sich durch das reinigende Blut Jesu Christi abwaschen zu lassen von der eigenen Schuld, von dem Schmutz der Sünde also. Das ist etwas, was wir von der Ehebrecherin lernen können.
Als Jesus sich - nachdem Er in den Sand geschrieben hatte - wieder aufrichtete und die Schriftgelehrten und Pharisäer einer nach dem anderen fort gegangen waren, fragte Er sie: "Weib, wo sind sie, deine Verkläger? Hat dich niemand verdammt?" Und als die Ehebrecherin antwortete, sagte Jesus, dass auch Er sie nicht verdammen werde. Damit hat Er ihre Vergangenheit bereinigt, ihre Sünden - auch die schwere Sünde des Ehebruchs - vergeben. Wiedergeborene Christen haben auch erlebt, dass durch Jesus die eigene Schuld, die eigenen Sünden, vergeben worden sind. Die Vergangenheit ist damit bereinigt: Wir stehen vor Gott dadurch als gerecht da. Wir müssen uns also keinen Kopf mehr um das Vergangene machen, denn wir sind durch Christi Blut, welches Er für uns auf Golgatha vergossen hat, gerechtfertigt, amnestiert worden.
Doch es geht nicht allein um unsere Vergangenheitsbewältigung, so wichtig die Vergebung unserer Sünden auch ist, denn ohne Vergebung unserer Sünden gibt es keine Rettung: Jede auch noch so kleine Sünde, die nicht vergeben ist, trennt uns von Gott und bringt uns in die ewige Verdammnis. Nichts desto Trotz ist das, was Jesus uns schenkt, nicht allein etwas, was unsere Vergangenheit, unser Gestern betrifft; der Ehebrecherin sagt Er: "Gehe hin und sündige hinfort nicht mehr!"
Wer sich also unter das rettende Blut Jesus stellt, erklärt sich nicht nur bereit, sich reinwaschen zu lassen von aller Schuld, sondern auch für die Veränderung des eigenen Charakters, des eigenen Herzens. Wir werden von Neuem aus dem Geist geboren (vgl. Johannes 3). Das bedeutet, dass wir unsere Prioritäten anders setzen, dass wir anders Denken, Reden und Handeln als vorher. Für uns ist Sünde nichts mehr Reizvolles, sondern etwas Ekelhaftes. Wie die Ehebrecherin sind wir also aufgefordert, hinfort nicht mehr zu sündigen.
Allerdings sind wir schwache Menschen, die immer wieder Fehler machen und sich verführen lassen: Gut, dass wir Jesus haben, dass wir Ihn immer wieder um Vergebung bitten können, denn Er ist treu und gerecht, dass Er uns vergibt. Das zeigt auch die Fußwaschung, die Jesus Seinen Jüngern gewährte: Wir haben zwar durch Sein Blut das Vollbad der Reinigung erfahren, doch wir leben mitten in dieser Welt. Deshalb werden wir schmutzig, genauso wie die Füsse der Jünger auf den staubigen Strassen von damals schmutzig wurden. Lassen wir uns also regelmäßig in Seinem Blut und damit durch Jesus reinigen. Damit entfernen wir mehr und mehr uns von der Sünde.
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