Eine ganze Industrie lebt davon, Menschen vorzugaukeln, dass man in die Zukunft schauen könnte: Wahrsager, Astrologen, Zeichendeuter, Magier, Hexen, Schamanen, Kaffeesatzleser, Handliniendeuterinnen und Kartenlegerinnen, die sich meist selbst als "Berater" bezeichnen, sind nur eine kleine Auswahl in diesem grossen, gewinnträchtigen Markt. Astrohotlines kassieren über entsprechende 0900-Nummern ab. Gerade in Krisenzeiten boomt dieser Hokuspokus, der Wirtschafts- und Finanzkrise zum Trotz. Selbst gestandene Geschäftsleute bauen auf Zukunftsdeuter und esoterische Berater.
Was - so fragen viele - ist denn auch so schlimm daran, wo doch selbst Tageszeitungen mit einem gewissen Niveau Horoskope veröffentlichen und Fernsehpfarrer Fliege Zukunftsdeutern wiederholt eine Plattform gab? Viele lachen oder schütteln mit dem Kopf, wenn man sagt, dass man dadurch dem Teufel Tür und Tor öffnet und sich in eine Abhängigkeit begibt, deren Brisanz mit Drogensucht durchaus vergleichbar ist. Anfangs nimmt man es noch als Spass, als Zeitvertreib aus Langeweile, wenn man beim Arzt warten muss oder beim Friseur unter der Haube ist. Allmählich aber denkt man: "Dies und jenes hat ja gestimmt!" und fängt langsam an, daran zu glauben. Unbemerkt gleitet man ab in die Fänge der Esoterik und macht die Entscheidungen abhängig von den Aussagen obskurer Geschäftemacher.
Ganze Existenzen wurden vernichtet, weil Firmenchefs auf die Kartenlegerin vertrauten, statt ihren Steuerberater zu fragen, ihre Bank zu konsultieren oder sich einem Betriebswirt oder einem Verkaufspsychologen oder Betriebssoziologen anzuvertrauen, deren Empfehlungen auf die richtige Interpretation vorhandener Daten fußt.
Auch für Privatleute ist der Gang zu den Zukunftsdeutern überaus gefährlich, nicht nur, weil man auch sein Privatvermögen aufgrund unsachgemässer Beratungen oft verliert, sondern auch, weil man hier unsinnigerweise Geldsummen verschwendet, die nicht gerade gering sind: Die "Service"Nummern kosten oft mehrere Euro pro Minute, und nicht selten sind schnell einige hundert oder gar tausend Euro vertelefoniert. Auch diejenigen Zukunftsdeuter, die Horoskope zusenden oder aber in ihr "Büro" einladen, haben saftige Preise. Woanders wäre das Geld besser angelegt.
Zukunft lässt sich nicht voraussagen, denn das Wissen, was geschieht, verändert bereits unsere Entscheidung, unsere Einstellung, unsere Haltung. Ich hätte mich selbst oft anders entschieden, wenn ich vorher gewusst hätte, welche Konsequenzen meine Entscheidung gehabt hätte. Vielleicht hätte ich aber schlimmere Fehler gemacht; in meiner Entscheidung jedenfalls wäre ich nicht mehr wirklich frei gewesen.
Weil sich die Aussagen solcher Berater immer wieder als falsch heraus stellen, sind viele Menschen um ihre Existenz, ihr Geld, ihr Vermögen gebracht worden. Auch mancher Mitarbeiter, dessen Chef sich von Zukunftsdeutern beraten liess, sitzt deshalb heute auf der Straße, weil eben dieser Chef die eigene Firma ruinierte.
Man begibt sich in die Bindung des Teufels, der uns vernichten will und ein Lügner und Mörder ist von Anfang an. Der Teufel bindet uns an die Kette, zerstört uns. Depressionen, Psychosen, Verfolgungswahn und Zwangsneurosen sind häufige Folge der ach so harmlosen Horoskope. Wer sich auf dünnes Eis begibt, darf sich nicht wundern, wenn er einbricht und im Fluss erfriert.
Vor allem machen die Zukunftsdeuter blind für die Fakten, auf die wir unsere Entscheidungen treffen: Die Berufswahl unserer Kinder hängt von ihren Neigungen und ihren Talenten ab und nicht von dem, was uns irgendwelche Esoteriker weis machen wollen. Für welche Partnerin oder Partner sich ein Mensch entscheidet, hängt von den eigenen Interessen und Wertvorstellungen ab, von den Erwartungen, die er oder sie an den Anderen stellt, vom beiderseitigen Kinderwunsch und Ähnlichem und nicht davon, ob der Saturn gerade den Pluto kreuzt.
Meine Mutter ist oft zu Kartenlegerinnen gegangen, und nicht eine Prognose hat gestimmt. Ich kann das an einigen Beispielen belegen:
1. Eine Kartenlegerin prophezeite, ich würde heiraten und Kinder haben. Bis heute - knapp dreissig Jahre nach dieser Prognose - bin ich nicht verheiratet, noch habe ich Kinder; es ist auch im Entferntesten nicht ersichtlich, dass sich daran in nächster Zeit etwas verändert.
2. Ich sollte nahtlos in den Mittleren Staatsdienst kommen: Beworben habe ich mich bei Stadt-, Gemeinde- und Kreisverwaltungen, beim Bundesamt für Wehrtechnik, bei den damals noch staatlichen Betrieben wie Post und Bahn, bei der Bezirksregierung und auch sonstwo: Jede Behörde im näheren oder weiteren Umkreis hatte von mir eine Bewerbung. Ich bekam nur Absagen und bin heute nicht im Staatsdienst.
3. Bis zu meinem dreissigsten Lebensjahr soll ich eine Weltreise gemacht haben. Auch dies traf nicht ein.
4. Es ist auffällig, dass zum Jahresende immer wieder die Prognosen für das abgelaufene Jahr überprüft werden und immer wieder fest gestellt wird, dass die Aussagen irgendwelcher Zukunftsdeuter nicht eingetroffen sind.
Die Zukunft können wir Menschen nicht voraussehen. Sie liegt in Gottes Hand. Ihm dürfen und können wir vertrauen, denn Er weiß, was gut ist für uns. Wenden wir uns an Ihn mit unseren Sorgen und Nöten: Er wird es richten. Und werfen wir unser Geld nicht in den Rachen von Zeichendeutern: Dieser Götzendienst schadet uns nicht nur in Zeit, sondern auch in der Ewigkeit.
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