In diesem Abschnitt sagt Petrus, dass alles, was zum Leben und zur Frömmigkeit dient, durch Seine göttliche Kraft geschenkt wurde: Dabei geht es nicht um das rein biologische Leben, die wir zwar ebenfalls von Seiner Gnade empfangen haben, sondern um das geistliche Leben, das uns in die Erkenntnis Gottes bringt. Ein solches Leben ist die wirkliche Alternative zu den ausgetretenen Pfaden dieser Welt: Es sind keine unerfüllbaren Träumereien, die das Schlaraffenland auf dieser Erde versprechen; an den sozialistischen Staaten des Ostblocks und des ehemaligen Jugoslawiens sowie in Kambodscha lässt sich ersehen, dass die "Arbeiter- und Bauernparadiese" die Hölle waren wie sie heute noch in Nordkorea existiert.
Wer geistlich ist, der richtet sein Leben nicht nach menschlichen Utopien aus, die sich letztendlich als Seifenblasen entpuppen, sondern akzeptiert die geistliche Tatsache, dass Gott sich in der Bibel geoffenbart hat und richtet sein Leben nach biblischen Maßstäben nicht nur in Gedanken und Worten, sondern auch in seinem Verhalten aus. Gottesfurcht, Ehrlichkeit, Respekt vor dem Alter, Freundlichkeit, Herzlichkeit, Sanftmut, Barmherzigkeit, Friedfertigkeit und Nächstenliebe sind dabei nur einige Beispiele eines solchen geistlichen Lebens, welches echte Frömmigkeit hervorbringt.
Frömmigkeit hat rein gar nichts mit Frömmelei zu tun: Es geht nicht darum, mit permanent gefalteten Händen durchs Leben zu laufen und bloss keinen Gottesdienst, keinen Hauskreis und keine kirchliche Veranstaltung zu verpassen, es geht um nicht weniger als eine echte und damit lebendige Beziehung zum Herrn. Diese Frömmigkeit hat eine gesunde Basis: Sie weiß, dass Gebet und Bibellese helfen, Gottes Willen zu erforschen und setzt diesen im Alltag um. Die Erkenntnis allein, dass man Nackte kleiden und Hungernde als die Geringsten Seiner Brüder speisen soll, ist zu nichts nutze, wenn sie nicht umgesetzt wird. Echte Frömmigkeit lässt uns nicht nur Hörer, sondern vor allem Täter des Wortes sein. An unserer Liebe zu Gott, zu unseren Mitgeschwistern und zu allen Menschen soll unser Umfeld erkennen, wie sehr Gott auch sie liebt und sie retten möchte.
Ein christliches Leben ist sich auch der teuersten und allergrößten Verheißungen bewusst, die uns versprochen worden sind, nämlich in Seinem Königreich einmal mitregieren zu dürfen. Dort werden wir auf Strassen wandeln, deren Gold eine Reinheit hat, dass man durch dieses Gold hindurchschauen kann, weil es glasklar ist. Wir werden eine herrliche Wohnung haben, die Jesus uns vorbereitet, eine Wohnung, die in ihrer Pracht alle menschlichen Vorstellungen übersteigt und gegen die die Schönheit dieser Welt so sehr verblasst, dass sie dort nicht einmal mehr wahrgenommen wird.
Wir haben im christlichen Leben eine göttliche Natur, was nicht bedeutet, dass wir Götter sind, sondern vielmehr, dass wir - gewachsen an der Erkenntnis Jesu - alles aus göttlicher Natur sehen und beurteilen. Dadurch werden wir von den weltlichen Begierden, die trügerisch sind, befreit: Bei allem, was wir tun, kennen wir Maß und Ziel und sind dadurch frei von der Maßlosigkeit dieser Welt. Nicht die Sünde reizt uns, sondern das Gute. Unser Glaube mißt sich an der Tugend, an Werten, die wir ausleben.
Tugendhaftigkeit bedeutet - entgegen allen Vorurteilen - nicht, dass wir spießig und kleinkariert sind. Aber wohin führt ein Weg, wenn wir keine Regeln mehr beachten und wenn wir Gottes Gebote ausklammern? Ohne bestimmte Spielregeln im menschlichen Miteinander herrscht das Recht des Stärkeren; es kommt letztendlich zur Anarchie. Ein Leben in Tugend kennt Ruhe, Stille, Enthaltsamkeit, aber auch Fleiß, Geradlinigkeit und gepflegte Umgangsformen. Deshalb ist es sehr wichtig, alle Mühe auf unsere Tugendhaftigkeit aufzuwenden, die sich in brüderlicher Liebe zeigt.
Brüderliche Liebe erfasst die Bedürfnisse des Anderen; wer die Bruderliebe ausübt, steht auf der Seite der Schwachen und Hilfesuchenden. Es ist wie bei den alten Rittern bzw. bei den Menschen, die ritterlich sind: Es ist für sie eine Ehre, als Schützer der Schwachen und als ein Beistand der Witwen und Waisen angesehen zu werden. Dabei machen sie nicht viel Aufsehen. Sankt Martin, der seinen Mantel halbierte, damit der Bettler am Straßenrand nicht zu frieren brauchte, hätte es lieber gesehen, dass diese Geschichte nicht bekannt geworden wäre. Nikolaus von Myrrha, auf dessen Tag am 6. Dezember sich alle Kinder freuen, gab einer armen Familie Geld, damit die drei Töchter heiraten konnten; Nikolaus wollte aber nicht, dass diese Geschichte erzählt und bekannt würde. Beiden war in ihrer brüderlichen Liebe wichtig, dass anderen Menschen Hilfe zuteil wird, auch wenn sie einem selbst etwas kostet, doch sie wollten keinen Dank dafür.
Diese Liebe, diese Erkenntnis Gottes und Jesu, soll reichlich unter uns wohnen; sie will gepflegt und gefördert sein. Ohne sie wird alles faul. Ohne sie verlieren wir die persönliche Beziehung zu Jesus. Deshalb sollen wir unserer Erwählung bewusst sein und unsere Berufung ausleben. Diese Berufung kann bei jedem anders sein: Der Eine ist ein guter Prediger, der Andere ein guter Arzt, der Nächste ein guter Beter. Alles aber hat in einer christlichen Motivation stattzufinden. Unser Leben soll christlich sein in Selbstbeherrschung, in Liebe und in einer echten Gemeinschaft zu Jesus.
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