"Da sprach nun Jesus zu den Juden, die an ihn glaubten: So ihr bleiben werdet an meiner Rede, so seid ihr meine rechten Jünger und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.
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So euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr recht frei."
Johannes 8, 31-32 und Vers 36
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Freiheit ist für alle Menschen ein wichtiges Gut; deshalb spricht unser Grundgesetz von der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, und in den meisten Präambeln der Parteien in Deutschland steht das Bekenntnis zur unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung festgeschrieben. Meinungs-, Glaubens- und Religionsfreiheit gehören zu den grundlegenden Menschenrechten, und ohne Gewerbefreiheit gäbe es weniger Innovationen, weniger Kundenorientierung und weniger Wohlstand.
Nicht nur deshalb weckt das Wort "Freiheit" positive Assoziationen: Viele machen sich ja gerade deshalb selbstständig, weil sie ihr eigener Chef sein wollen, weil sie selbst bestimmen möchten, mit wem sie zusammen arbeiten, wer sie beliefert und auch, um Arbeitszeiten und Termine wenigstens teilweise selbst bestimmen zu können. Als Kind wollte ich gerade deshalb freier Schriftsteller werden, weil mich das Wort "frei" faszinierte. Natürlich lag es auch daran, dass ich immer schon gerne geschrieben und eigenständige Texte gedichtet habe. Menschen, die mich kennen, erinnern sich meist lächelnd daran, dass ich Lieder vor mir her sang, deren Texte von mir stammen, und schon als Jugendlicher war es mein Hobby, Leserbriefe zu schreiben. Doch das Wort "frei" faszinierte mich mehr als alles Andere: Ich dachte, dass ich als freier Schriftsteller so frei wäre, meine Arbeitszeiten selbst zu bestimmen, dass ich abends lange aufbleiben und am Tag ausschlafen könne, dass ich meine Freizeit beliebig ausdehnen könne und finanziell derart unabhängig wäre, herum reisen und Abenteuer aller Art bestehen könnte.
Doch jeder merkt, dass unsere Freiheiten begrenzt sind: Spätestens dort, wo die Rechte eines anderen Menschen beginnen, findet unsere eigene Freiheit ihre Grenzen. Unsere Freiheit, unseren Wohnsitz selbst zu bestimmen, wird dadurch eingeengt, dass Wohnungsvermieter und Immobilienmakler auch bestimmen können, wen sie als Mieter oder Kunden nehmen. Schulabgänger bemerken, dass die Berufsfreiheit auch nicht immer das hält, was sie verspricht: Findet man keinen Lehrbetrieb, der einem in seinem Wunschberuf ausbildet, dann ist man gut beraten, sich Alternativen zu suchen. Und freie Unternehmer sind den ungeschriebenen Gesetzen des Marktes unterworfen: Nicht man selbst, sondern Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis, und wenn Kunden bestimmte Produkte oder Dienstleistungen nicht haben wollen oder woanders einkaufen, hat man das Nachsehen.
Das erinnert uns alle an die so genannten Sachzwänge: Wenn wir etwas wollen, wenn wir ein Ziel haben, dann müssen wir etwas tun, um das, was wir wünschen, zu erreichen. Gleichzeitig muss uns bewusst sein, dass hier auf der Erde nichts perfekt ist: Auch in unserem Traumjob gibt es Arbeiten, die wir nicht gerne machen, auch unser Traumwagen kostet Geld, auch unser Traumhaus bedarf regelmäßiger Renovierungen. Wer olympisches Gold erreichen möchte, muss erst hart trainieren, bevor er das Siegerpodest besteigen kann.
Unabhängig davon sind wir Menschen seit dem Sündenfall des ersten Menschenpaares Adam und Eva von Natur aus nicht mehr richtig frei: Unsere Natur ist sündig. Wie ein Drogenabhängiger, der seinen Stoff braucht, um keine Entzugserscheinungen zu haben, sündigen wir geradezu zwanghaft. Das macht sich an unseren Kindern deutlich: Wir müssen ihnen zwar mühsam das Laufen, Sprechen, Lesen, Schreiben, Rechnen und viele andere Dinge beibringen, doch lügen und stehlen können sie ohne jegliche Anleitung. Und wir alle wissen, wie "grausam" Kinder sein können, in ihren Bemerkungen genauso wie in ihren Handlungen.
Aber selbst als Erwachsene sind wir nicht frei davon; vielmehr haben wir eine zweifelhafte Perfektion im Sündigen hervor gebracht. Wir lügen und nennen es Höflichkeit ohne zu bemerken, dass wir uns damit selbst betrügen. Wir verleumden und mobben aus Angst um einen Arbeitsplatz, im Gruppendruck. Und wir sind oft rachsüchtig und nachtragend. Letztendlich kann sich niemand davon freisprechen, gesündigt zu haben, und sei es auch "nur" aus Gedankenlosigkeit.
Wir machen uns auch abhängig davon, was die Menschen von uns denken: Wir wollen beliebt sein, anerkannt. Das gilt selbst für Einzelgänger und für jene, die nicht das Bedürfnis haben, reich zu werden und Karriere zu machen. Jeder von uns möchte aber hören, dass er richtig handelt, dass er recht hat mit den eigenen Entscheidungen, dass er ein feiner Kerl ist. Frauen machen sich gerne schön, um Anerkennung zu finden, und wir Männer geben uns gerne stark und machtmäßig, um gelobt zu werden. Wie oft prahlen wir mit unserem Mut, den wir eigentlich gar nicht haben? Oft verstellen wir uns auch, um anerkannt zu werden; wir spielen die Rolle, von der wir meinen, dass sie uns zugedacht ist, aber nicht die, von der wir überzeugt sind. Die Soziologen sprechen deshalb von Rollenerwartungen, die an uns heran getragen werden und die wir oft annehmen, um anerkannt zu werden.
Es ist geradezu grotesk, wie sehr wir uns dabei verbiegen: Erwartet man von jemanden die Rolle des Klassen- oder Pausenclowns, dann wird sie oft übernommen, auch wenn der Betreffende ein ernster Charakter ist und darüber hinaus weiß, dass er sich spätestens mittelfristig damit schadet. Oft übernehmen wir - je nachdem, in welcher Gruppe wir sind (zuhause, in der Schule, im Beruf, im Verein) - oft verschiedene, sich widersprechende Rollen. Wir beugen uns dem Gruppendruck, wir spielen uns selbst und anderen Menschen etwas vor, wir sind nicht richtig frei.
Als Meister der Verdrängung verstehen wir es oft, alles zu rationalisieren, uns alles schön zu reden, doch im Grunde fühlen wir uns unwohl. Wir möchten nicht weiter so machen, wir wollen es verändern, aber wir finden den Weg nicht. Das liegt ausschließlich daran, dass wir Gott nicht vertrauen. Und dies ist nicht auf das Heute, auf die Gegenwart beschränkt: Selbst die von Mose geführten Hebräer wandten sich während des Exodus' immer von Gott ab, obwohl sie Seine Wunder immer wieder sahen und hautnah erlebten.
Und hier wird auch das Verrückte, das Widersprüchliche in unserem menschlichen Denken sichtbar: Niemand will Sklave sein, alle möchten in Freiheit leben und doch sehnt man sich zurück nach den Fleischtöpfen Ägyptens. Diktatoren schöpfen einen Teil ihrer Macht aus dieser Einstellung heraus, und wir Menschen machen es uns ja bekanntlich sehr bequem: Wenn ein Anderer für uns entscheidet, dann denken wir, dass wir bar jeder Verantwortung sind. Während der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse wurde dies ersichtlich: Viele beriefen sich auf den Befehlsnotstand, darauf, dass sie auf Hitler vereidigt waren und seine Befehle hätten ausführen müssen. Doch Freiheit ohne Verantwortung gibt es nicht, und auch derjenige, der sich unterdrücken lässt, ist nicht frei von ihr, auch wenn er dies meint.
Es liegt aber an uns, ob wir unfreie Sklaven sein, ob wir unmündige Kinder bleiben wollen oder uns aus der Knechtschaft der Sünde führen lassen. In einem übertragenen Sinne leben die Menschen der Welt in Ägypten. Das Pharaonenreich steht für Abgötterei, für Sünde für Maßlosigkeit, für den Widerstand gegen die Erkenntnis des wahren Gottes. Das pharaonische Ägypten, ja, der Pharao selbst war trotz seiner weltlichen und militärischen Macht unfrei, weil er Sklave der toten Götzen war und damit in letzter Konsequenz Sklave des Satans.
Wer aber sein Leben in die Hände dessen legt, der für unsere Sünden gebüßt und bezahlt hat - Jesus Christus - wird durch Ihn, den Sohn Gottes frei: Wiedergeboren aus dem Geist heraus wird uns die Sünde, für die wir gelebt haben, wesensfremd. Der Wiedergeborene fragt nicht mehr, was die Menschen von einem denken, sondern danach, wie Gott die Sache sieht.
Anders als es Atheisten darstellen, ist dies keine Unfreiheit, keine Bevormundung. Wer nämlich in der Wahrheit lebt, braucht die Lüge nicht, um einen guten Eindruck zu machen. Wer sich unter das Blut Jesu stellt, lädt die eigene Schuld ab und lernt gleichzeitig, selbst zu vergeben: Das befreit von einem großen Ballast. Wer Gott vertraut, auf Ihn sieht, verliert seine Ängste und braucht ganz sicher keine Okkultisten, welche angeben, die Zukunft voraussagen und sogar beeinflussen zu können. Weil ich mich getragen weiß von der Liebe Gottes zu mir, kann ich selbst dann geradlinig bleiben, wenn der Gruppendruck groß wird.
Wer sich also Gottes Führung anvertraut, wird aus der Knechtschaft und Sklaverei der Sünde und Schuld geführt. Jesus macht frei von vermeintlichen Sachzwängen und davon, auf Dinge zu setzen, die wir am Ende doch loslassen müssen. Wir können im Hier und Jetzt so reich sein wie wir wollen, und vielleicht können wir uns ein Mausoleum leisten, und Mancher schafft es vielleicht, in die Geschichtsbücher einzugehen und Denkmäler gesetzt zu bekommen, doch was nützt uns das alles jenseits des Todes? Derjenige aber, der auf das Ewige setzt, der sich Reichtümer im Himmel geschaffen hat, muss sich um seine Zukunft nicht sorgen. Unter Gottes Führung lebt es sich frei, weil man die Prioritäten richtig setzt.
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