In den mosaischen Gesetzen finden wir eine Reihe von Opfervorschriften: Es gibt Dank-, Heb-, Sünd- und Speiseopfer und einige andere mehr: Gott setzte sie ein, damit die Menschen an Ihn denken und die Gebote achten. Vor allem bei den Sühnopfern ging es darum, das Gewissen zu schärfen und Gottes Gebote zu achten. Wer gegen den Willen Gottes verstieß, musste deshalb ein Opfer bringen, weil Jesus Seine Sühnetat noch nicht vollbracht hatte. Sündopfer sind heute nicht mehr notwendig, weil wir uns unter das Blut Christi stellen können. Wer Jesus als ganz persönlichen Retter annimmt, dessen Sünden sind vergeben. Das Sündopfer hat Jesus also nun vollbracht: Die Sündopfer des Alten Testamentes weisen letztendlich ja auch auf Jesus hin.
Dennoch hat Gott stets mehr Gefallen daran gehabt, dass man Ihm vertraut, dass man Seinen Willen tut und umsetzt. Was nützen auch Sündopfer, wenn man weiter macht wie vorher? Was haben Dankopfer für einen Wert, wenn das Herz hart ist gegen die, die Hilfe brauchen? Was nützen alle Opfer, wenn man dem Herrn doch nicht vertraut und ungerecht handelt?
Gott möchte Beziehung haben zu uns: Es soll eine Vater-Kind-Beziehung sein, die getragen wird von Vertrauen, vom Glauben, von der Liebe, von der Erkenntnis des Herrn. Wenn ich nicht weiß, wem ich eigentlich opfere, dann opfere ich nicht wirklich, dann ist jedes Opfer nur eine technokratisch-bürokratische Pflichterfüllung, nichts weiter.
Vor allem bergen vordergründig gemachte Sündopfer für den Betreffenden die Gefahr, sich darauf zu verlassen, sich selbst frei kaufen zu können. Es ginge in etwa so vonstatten: "Für drei gut gemästete Ochsen als Sündopfer kann ich meiner Schwiegermutter den Hals umdrehen!" - Das klingt sehr zynisch, war aber in Zeiten des unseligen Ablasshandels durchaus prinzipiell möglich. Man bekam gelehrt und glaubte es auch, dass man sich für Sünden der Vergangenheit und auch für diejenigen Sünden, die man in Zukunft beging, frei kaufen könne. Eine solche Einstellung übersieht die Gerechtigkeit und Heiligkeit Gottes, der Gnade schenkt, aber nur demjenigen gewährt, der dieses Geschenk auch annimmt und bereit ist, sich in Jesu Blut reinzuwaschen.
Wer dies tut, weiß, dass er keine Opfer mehr bringen muss: Jesus hat alles Notwendige bereits am Kreuz für uns getan. Wer Ihn als ganz persönlichen Erretter annimmt, der wird von Neuem geboren. Das bedeutet zugleich, dass man von der Ungerechtigkeit zur Gerechtigkeit übertritt, an der Gott gefallen hat. Gott gefällt es auch besser, wenn wir Liebe und Barmherzigkeit üben: Was könnten wir Ihm auch geben, was Ihm als Schöpfer aller Dinge nicht ohnehin schon gehört? Ihm gehört nicht sowieso schon alles, Er kann sich auch alles, was Er begehrt, entweder nehmen oder erschaffen. Er braucht unsere Opfer nicht; diese dienten nur dazu, weil wir Menschen uns an Gott orientieren müssen, wenn wir nicht wie die Schafe in die Irre gehen wollen.
Dass Gott Prioritäten setzt, dass Ihm Gerechtigkeit, und Liebe wichtiger sind als Opfer, versteht sich aber nicht allein auf diesem Hintergrund: Gefallen uns Menschen, welche uns Liebe und Barmherzigkeit erweisen, nicht auch mehr als solche, die uns materiell vielleicht reich beschenken, denen es aber nur um ihren eigenen Vorteil geht statt um unsere Person? Viele Stars, die oft von ihren Fans mit allem möglichen Plüsch, Nippes und teilweise sogar mit wertvollen Geschenken bedacht werden, fühlen sich äußerst einsam, weil man in ihnen ein x-beliebiges Idol, oft auch ein bestimmtes Produkt, nicht aber den Menschen sieht; ihnen wird Aufmerksamkeit, aber keine Liebe zuteil.
Sicher: Gott braucht uns und unsere Liebe nicht; Er genügt sich in Seiner Heiligkeit, in Seiner Größe, in Seiner Souveränität und in Seiner Majestät selbst. Dennoch hat Er uns unendlich lieb und schenkt jedem einzelnen Menschen eine derartige Liebe aus dem Meer Seines göttlichen Herzens als sei dieser der einzige auf der Welt. Deshalb möchte Er ja Kontakt mit uns, eine lebendige Beziehung, die weit mehr getragen ist als durch Oberflächlichkeit.
Wer unter Christus Jesus steht, für den sind alle Bibelgläubigen Glaubensgeschwister: Als wiedergeborene Christen gehören wir zu dem einen wahren Vater, sind also eine große Familie. In einer richtigen Familie gibt es Solidarität, doch diese wird nur dann gelingen, wenn sie wirklich von Liebe getragen ist. Dort, wo Liebe fehlt, mag man zwar vielleicht Hilfen gewähren, doch diese ist kalt. Viele Menschen leiden darunter, dass man sich ihnen nicht zuwendet. Alte Menschen spüren diese Einsamkeit in einem überproportionalen Maß. Wenn wir aber unsere Glaubensgeschwister nicht lieben, wie können wir dann Gott lieben, den wir nicht sehen? Dann machen auch Opfer keinen wirklichen Sinn, dann bleibt die Gottesbeziehung nur eine Äußerlichkeit, ein frommer Schein ohne jeglichen Wert. Wo aber Gerechtigkeit, Liebe, Barmherzigkeit und Vertrauen in Gott gegeben sind, ist die Gottesbeziehung lebendig und für uns fruchtbar.
Es ist in etwa vergleichbar mit einer guten Beziehung eines Lehrers zu seinen Schülern: Haben die Schüler ein ordentliches Verhältnis zu ihrem Lehrer, dann lernen sie das Fach, das der betreffende Pädagoge unterricht, leichter. Ist die Eltern-Kind-Beziehung in Ordnung, dann können die Eltern auch ihre Kinder leichter erziehen und ihnen den Unterschied zwischen gut und böse besser beibringen. Ist unser Verhältnis zu Gott durch das Blut Christi bereinigt, dann eröffnet Er uns die biblischen Wahrheiten. Dann üben wir Gerechtigkeit, Liebe, Barmherzigkeit und schenken Ihm vertrauen.
Denn ich habe Lust an der Liebe, und nicht am Opfer, und an der Erkenntnis Gottes, und nicht am Brandopfer.
Hosea 6, 6
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