Mohammed Ali, der berühmte Boxer, der in den 1970iger Jahren grosse Erfolge feierte und auch heute noch berühmt ist, war damals insbesondere wegen seiner grossen Klappe gefürchtet. "I am the greatest!" (zu deutsch: "Ich bin der Grösste!"), ist derjenige Spruch von ihm, der legendär geworden ist; tatsächlich war Mohammed Ali felsenfest davon überzeugt, der Grösste zu sein.
Das geht uns auch so: Wir wollen immer die Grössten, die Einflussreichsten, die Mächtigsten sein. Am liebsten wären wir absolute Herrscher, Paschas in den Familien und unumschränkte Volkstribune treu nach dem Motto: Alle wollen Chef sein, aber keiner Mitarbeiter. Ginge es nach uns, dann wären wir alle Häuptlinge, auch wenn es dann keine Indianer mehr gäbe.
Und sicher wollen wir im Himmel die Nummer 1 sein; direkt vor Gott als das Lieblingskind. Wir wollen die Ehrenplätze haben, in der VIP-Lounge sitzen. Wir wollen immer ganz vorne sein, geehrt, beklatscht, bewundert.
Psychologen beschreiben dieses Phänomen so: Ganz gleich, ob wir eine Mitleidstour abziehen und uns als Opfer darstellen oder ob wir uns als Macher profitieren wollen, es geschieht immer aus Berechnung. Wir erwarten davon einen Vorteil, entweder, dass - weil wir Opfer sind - andere für uns die Verantwortung und die Aktivität übernehmen, oder - weil wir ja die Macher sind - dass andere nach unserer Pfeife tanzen, bewundernd zu uns aufschauen und auf "unsere Befehle" warten.
Kinder sind da anders: Natürlich wollen auch sie geliebt und angenommen werden, doch wenn sie etwas tun, dann tun sie es nie aus Berechnung. Ich erinnere mich dabei noch an die Geste eines kleines Mädchens, dass mir ein paar selbstgepflückte Butterblumen schenkte: Manch Erwachsener rümpft darüber die Nase, doch das Mädchen schenkte mir etwas, was für sie einen grossen Wert hatte, aber sie erwartete dafür kein Gegengeschenk, keinen Vorteil, sie tat es einfach, weil sie mich mochte.
Darin liegt wohl der Sinn von Jesu Worten, wenn Er von uns verlangt, so zu werden wie die Kinder. Das bedeutet nicht, dass wir albern, kindisch werden sollen, doch Er verlangt von uns, dass wir Dinge tun aus Liebe zu Ihm, zu Gott und den Menschen. Er will nicht, dass wir uns Gegenleistungen ausrechnen, ganz gleich, ob es sich um die Leiterschaft in der Gemeinde handelt oder einen Ehrenplatz im Himmel. Wir sollen es - wie gesagt - aus Liebe tun, nicht aus Berechnung.
Kinder sind zudem erfrischend ehrlich. Der Koch einer Jugendherberge sagte einmal: "Die ehrlichsten Gäste sind die Kinder: Die sagen einem rigoros, ob ihnen das Essen geschmeckt hat oder nicht, da kennen sie keine Gnade!" Nein, Kinder machen keinen Hehl aus ihren Motiven, und wenn sie eine Freundschaft eingehen, dann tun sie es ohne Wenn und Aber. Ein Kind sagt einem klar an den Kopf, ob es einen mag oder nicht.
Kinder können aber auch sehr gut verzeihen: Wie oft habe ich mich als Kind mit Gleichaltrigen gestritten; immer wieder schworen wir ewige Rache, doch spätestens tags darauf war der ganze Streit vergessen. Wenn Kinder verzeihen, dann verzeihen sie auch total. Dann kommen sie nicht irgendwann und halten einem etwas vor, ganz gleich, ob es gross oder klein ist. Wenn Jesus sagt, wir sollen werden wie die Kinder, dann verlangt Er von uns Ehrlichkeit, aber auch die Bereitschaft der Vergebung untereinander.
Es gibt aber auch ein Weiteres: Kinder vertrauen. Versprechen Sie einem Kind, dass es einen Ball bekommt. Es wird überall herum erzählen, dass es zum Geburtstag, zu Weihnachten oder wann auch immer einen Ball bekommt. So sollen wir Gottes Wort vertrauen. Was Gott uns verspricht, das hält Er auch. Er hat gesagt, dass wir gerettet sind. Vertrauen wir Ihm.
Dabei geht es doch gar nicht um Ehrenplätze: Ich persönlich bin im Himmel lieber der und das Allerletzte als dass ich in der Hölle der Erste bin.
|