Bartimäus, der blinde Bettler, saß am Wege, um bei den Menschen um Almosen zu bitten, damit er sein Leben fristen konnte: Ein Bettler fand damals keine Beschäftigung, und Sozialfürsorge gab es nicht. So waren die Armen auf die freiwilligen Gaben barmherziger Menschen angewiesen. Das war damals genauso ein schlechtes Gefühl wie es heute ist; vor allem hat man keine Planbarkeit: Man weiß nie, was man bekommt, und man muss schon ganz schön mit Geld umgehen und auch sonst sehr gut improvisieren können, um so sein Dasein einigermaßen fristen zu können. Die Sehnsucht, gesund zu werden, war deshalb bei Bartimäus sehr groß.
Dann hörte er, dass Jesus ausgerechnet auf der Straße wandelte, an deren Rand er saß, um Almosen zu erhalten. Bartimäus hatte schon viel von Jesus gehört: Durch die Wunder war Jesus ja auch landauf, landab bekannt, und Er war einer, der mit Vollmacht redete und Menschenmassen um sich scharrte. Bartimäus glaubte an Jesus und wusste deshalb: "Er kann mir helfen!" - Deshalb schrie er förmlich nach Jesus.
Die Menschen versuchten, ihn, den Bettler, zum Schweigen zu bringen: Schließlich war Jesus ein vielbeschäftigter Mann, und als Wanderprediger reiste Er von Ort zu Ort, von Landschaft zu Landschaft und von Stadt zu Stadt. Die, die Ihm nachfolgten, dachten: "Jesus kann sich doch nicht um alles und jeden kümmern!"
Doch Bartimäus dachte nicht im Entferntesten daran, sich den Mund verbieten zu lassen: Jesus war seine einzige Chance, und er rief nochmal. Jesus, voller Erbarmen, hörte sein Rufen und wandte sich an ihn und fragte ihn: "Was willst du, dass ich für dich tun soll?" Jesus möchte von jedem selbst die Bitte hören und auch, dass jeder persönlich zu Ihm kommt. Schließlich ist Er der Retter der Menschen, geschickt, ihnen zu helfen und sie zu heilen.
Bartimäus bat um seine Sehkraft. Er vertraute Jesus hundertprozentig. Und dieser Glaube wurde nicht enttäuscht, sondern bestätigt. Jetzt hätte Bartimäus die Chance gehabt, fortzugehen: Sein Wunsch war erfüllt worden. Doch Bartimäus Glaube war nicht nur Selbstzweck, sondern war mit einer tiefen Liebe zu Gott verbunden. Deshalb folgte er Jesus nach. Mit Ihm auf dem Weg zu sein, bedeutet mehr als dieselbe Straße zu benutzen und sich in Seiner Nähe aufzuhalten. Es bedeutet, sich ganz und gar auf den Herrn Jesus einzulassen und Ihm sein ganzes Leben auszuliefern. Tun wir das auch?
Ja, wir sind oft groß darin, Jesus zu bitten. Unsere Wunschlisten sind recht lang. Es geht dabei um berechtigte Bitten wie Schutz, eine neue Arbeit, die Heilung von Krankheiten, von Sorgen und Nöten. Es geht um die Zukunft der Kinder, um die eigene Zukunft, um Arbeit, um Existenz. Und dann kommen die vielen Bitten, die zumindest nicht eindeutig berechtigt sind: Um Karriere, um Geld, um Macht, um Ansehen, um Reichtum, um Beförderungen.
Das veranlasst mich zur Frage: Bittest du Gott, weil du Ihm damit dienen möchtest, oder bittest du Ihn, damit es dir selbst gut geht und du dich gemütlich auf dem Sofa mümmeln kannst? - Gott möchte, dass wir Ihn bitten und mit all unseren Wünschen und Sorgen zu Ihm kommen. Doch es muss uns dabei um Seine Ehre gehen. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir uns in Krankheit und Not an Ihn wenden können, doch wir wissen nicht, ob Er uns Heilung schenkt. Vielleicht benutzt Er unsere Krankheit, damit wir zum Zeugnis werden für Mitpatienten, Pfleger und Ärzte. Doch stets dürfen wir darauf vertrauen, dass Er uns trägt, dass Er alles richtig macht.
Und wenn Er uns geholfen hat, dann sollte es für uns selbstverständlich sein, Ihm Dank, Lob und Ehre zu geben; dies steht Ihm ohne jedes Wenn und ohne jedes Aber sowieso zu. Es ist nur konsequent, wenn wir, die wir Seine Hilfe erfahren, Ihm nachfolgen wie Bartimäus. Bartimäus liebte den Herrn und vertraute Ihm. Die Heilung seiner Augen war nur das Ergebnis dieser Liebe und dieses Vertrauens. Das belehrt uns, dass wir Jesus Liebe und Vertrauen entgegen bringen dürfen. Bartimäus hat ja zuerst geglaubt und nicht erst, als er sehend geworden war und damit den Beweis hatte.
Machen wir es wie Bartimäus: Bitten wir im Vertrauen den Herrn, vertrauen wir Ihm und folgen Ihm nach.
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