Wir Menschen haben den Hang, uns bloß nicht eindeutig festlegen zu wollen: Am liebsten geben wir ein "Jein" von uns, in dem jeder das hinein interpretieren kann, was er gerade möchte. Auch Politiker drücken sich meist schwammig aus, damit sie nicht fest genagelt werden können. Vor allem Astrologen und andere Zukunftsdeuter verstehen es, sich derart vage auszudrücken, dass jeder in ihren Aussagen ausgerechnet das findet, was er darin finden möchte.
Doch im Grunde fühlt sich niemand wohl dabei: Im Endeffekt weiß man am Schluss selbst nicht mehr, was man eigentlich will. Dabei müssen Entscheidungen eindeutig sein: Wer Fleisch auf dem Tisch haben möchte, darf nicht dagegen sein, dass man Tiere schlachtet.
So war es bei Naemi auch: Sie wollte ihre beiden Schwiegertöchter zurück schicken, und diese standen dann vor der Wahl, Naemis Wunsch nachzukommen oder mit ihr zu gehen. Beides - das wussten sie - würde Konsequenzen haben, an denen man schwer zu knappern hat. Opra entschied sich, zu ihrem Volk, zu ihrer Kultur, zu ihrer Familie und zu ihren Göttern umzukehren und verabschiedete sich deshalb von ihrer Schwiegermutter. Das machte Naemi und Opra natürlich traurig, denn sie waren ja durch die Heirat eines Sohnes miteinander nun verwandt, auch wenn der Sohn inzwischen gestorben war.
Ruth dagegen entschied sich, mit Naemi zu gehen. Dabei wusste sie, dass sie nun von ihrem Volk, ihrer Familie, ihrer Kultur abgeschnitten sein würde. Ihr bisheriges Glaubenssystem musste sie aufgeben und ging nun zu einem für sie fremden Volk und musste nun eine Sprache wirklich richtig gründlich erlernen, um sich verständigen zu können. In Moab hatten sich ihr verstorbener Mann und Naemi die Sprache aneignen müssen, und wenn sie beide nicht verstanden, weil sie hebräisch redeten, so konnte sie nachhaken. Aber wie sollte das in Juda gehen, wo sicher nicht jeder die moabitische Sprache beherrschte?
Opra und Ruth sind für mich nicht nur historische Personen, die es genauso gegeben hat wie es in der Schrift steht, sondern stehen für mich gleichsam für uns Menschen, die sich entscheiden müssen. Von dieser Entscheidung hängt ab, wo wir die Ewigkeit verbringen werden; daher ist sie die wichtigste unseres Erdenlebens. Natürlich können wir vom Christentum begeistert sein und vielleicht auch ein Stück mitgehen. Vielleicht können wir nach außen hin vortäuschen, überzeugte Christen zu sein, sind aber - wie einst Opra zu ihrem Volk - zurück gekehrt in unser altes Denken, in die Gewohnheiten des Fleisches.
Oder wir können im übertragenen Sinne wie Ruth sein, die ihr früheres Leben aufgibt und den wahren Gott der Bibel annimmt, auch wenn sie das ihre Familie und ihr bisher gewohntes Leben kostet. Das geschieht heute insbesondere bei Muslimen, die zum Christentum konvertieren und abgeschnitten sind von ihren Familien, eben weil sie den Islam verlassen haben und nun verteufelt werden. Das ist nicht schön und nicht wünschenswert, doch wenn man hier nicht konsequent zu Jesus steht, dann geht man auf ewig verloren. Die ewige Pein in der Hölle ist allerdings eine Alternative, die noch weniger wünschenswert ist als alles Leid dieser Erde auf einmal.
Während Jesus hier auf der Erde in Seiner menschlichen Natur wirkte, haben Ihn auch einige Seiner Jünger verlassen, weil ihnen Seine Lehre und Seine Worte zu hart vorkamen. Judas Iskariot, der drei Jahre lang zu den engsten Vertrauten des Herrn gehörte, hat Jesus für ein paar Silberlinge verraten und festgestellt, dass er einen großen, nicht wieder gut zu machenden Fehler vollzogen hatte. Sowohl die Jünger, die den Herrn ob Seiner ungeschminkten Rede als auch Judas Iskariot bemerken jetzt in der ewigen Gottesferne, wie falsch ihre Entscheidung gewesen ist.
Jesus nachzufolgen fällt mir auch nicht gerade leicht: In den allermeisten Punkten muss Er mich noch verändern; dabei war ich schon bisher Seine absolute Großbaustelle. Oft genug habe ich bemerkt, wie Menschen die Nase rümpfen, wenn ich mich zu Jesus bekannt habe oder wenn sie merkten, dass ich "fromme Bücher" las, statt mich an unsinnigen Gesprächen zu beteiligen. Vom Jesulein bis zum religiösen Spinner habe ich schon jeden Stempel aufgedrückt bekommen, und auch die Bezeichnung "Fanatiker" gehört noch zu den absolut harmlosen Bezeichnungen.
Dabei bin ich noch gut dran: In China und im arabischen Raum ist es schier lebensgefährlich, sich zu Jesus zu bekennen; Tausende bezahlten für dieses Bekenntnis mit dem Leben. Ob ich diesen Glaubensmut aufbringen würde, wage ich für mich zu bezweifeln. Und doch ist Eindeutigkeit für diesen Weg ratsam und erforderlich: Insbesondere bei dieser Entscheidung, von der ja - wie gesagt - abhängt, wo wir die Ewigkeit verbringen werden, gibt es kein Jein und keinen goldenen Mittelweg, und es helfen uns keine rhetorischen Kunstgriffe, die jede Interpretation zulassen. Entweder / Oder, Ja oder Nein. Entweder ich bin Christ oder ich bin es nicht.
Christ kann man nicht zu zwei, drei oder 99,999 Prozent, sondern nur einhundertprozentig. Christ sein findet nicht nur sonntags in der Kirche statt, und es ist nicht nur eine Privatangelegenheit, die ich zuhause oder im Freundeskreis auslebe. Der Bibelkreis und der Gebetsabend sind keine Veranstaltungen wie Kegeln oder Stammtisch. Mit ganzem Herzen und an jedem Tag, in jedem noch so kleinen Sekundenbruchteil muss ersichtlich sein, dass wir uns klar für Gott entschieden haben.
|