Gott hatte während des Exodus' viele Zeichen und Wunder getan, angefangen von den Plagen, die Er über das pharaonische Ägypten legte, über die Teilung des Roten Meeres und dem Ertrinken der mächtigen und furchterregenden pharaonischen Armee, bis hin zu der Versorgung mit allem Lebensnotwendigen für Mensch und Vieh und der Vertreibung der heidnischen Völker, denen die Hebräer auf dem Sinai begegneten: Trotzdem versuchten die Hebräer ihren Gott, der sich so fürsorglich um sie kümmerte; dazu lesen wir in 2. Mose 17, 1-7: "Und die ganze Gemeinde der Kinder Israel zog aus der Wüste Sin ihre Tagereisen, wie ihnen der HERR befahl, und sie lagerten sich in Raphidim. Da hatte das Volk kein Wasser zu trinken. Und sie zankten mit Mose und sprachen: Gebt uns Wasser, dass wir trinken. Mose sprach zu ihnen: Was zankt ihr mit mir? Warum versucht ihr den HERRN? Da aber das Volk daselbst dürstete nach Wasser, murrten sie wider Mose und sprachen: Warum hast du uns lassen aus Ägypten ziehen, dass du uns, unsre Kinder und unser Vieh Durstes sterben ließest? Mose schrie zum HERRN und sprach: Wie soll ich mit dem Volk tun? Es fehlt nicht viel, sie werden mich noch steinigen. Der HERR sprach zu ihm: Gehe hin vor dem Volk und nimm etliche Älteste von Israel mit dir und nimm deinen Stab in deine Hand, mit dem du den Strom schlugst, und gehe hin. Siehe, ich will daselbst stehen vor dir auf einem Fels am Horeb; da sollst du den Fels schlagen, so wird Wasser herauslaufen, dass das Volk trinke. Mose tat also vor den Ältesten von Israel. Da hieß man den Ort Massa und Meriba um des Zanks willen der Kinder Israel, und dass sie den HERRN versucht und gesagt hatten: Ist der HERR unter uns oder nicht?"
Dieser Ungehorsam, dieser Mangel an Glaube, dieses Gott versuchen und die vielen anderen Sünden gegen Gott haben dazu geführt, dass die Wüstenwanderung vierzig Jahre andauerte, damit die Hebräer dadurch geläutert werden. Doch Gott zu versuchen, das beschränkt sich nicht nur auf die damalige Zeit und nicht nur auf die Hebräer: Es ist ein Dauerzustand, der sich wie ein roter Faden durch die ganze Weltgeschichte zieht. Gerade in extrem charismatisch / pfingstlerischen Kreisen erleben wir, wie Gott versucht wird, in dem man Heilungen vorgibt. Das ist den Gläubigen, aber auch den Kranken gegenüber verantwortungslos.
Sicher: Gott kann von jetzt auf sofort heilen, und ich selbst habe nicht den geringsten Zweifel daran, dass Er auch heute noch Wunder wirkt. Aber ob Er ein Wunder bewirkt und wann Er es wie wo tut, das ist Sein. Gott ist weder ein Showmaster noch ein Entertainer, der perdu Schlagzeilen machen will. Und wir dürfen in Ihm nicht unseren Dienstleister sehen, der uns Effekte beschert, damit unser eigener Ruhm und unsere eigene Kirche bzw. Gemeinde wächst. Wer Gott zum Wirken von Wundern zwingen will, der hat vergessen, dass Er der Herr ist und nicht wir. Und das ist auch gut so!
Doch auch anderswo versuchen wir leider Gott: Vielleicht werden wir leichtsinnig, weil wir meinen: "Mir kann nichts passieren: Gott beschützt mich schon!" - Gott ist natürlich an unserem Wohl gelegen, doch damit haben wir keinen Freifahrtsschein für einen bodenlosen Leichtsinn.
Jemand hat es einmal beim Kirchenkaffee so ausgedrückt: "Wenn auf einem Verkehrsschild die Höchstgeschwindigkeit mit 100 Stundenkilometern angegeben ist und wir fahren 150 Stundenkilometer, dann verantwortet Gott die 100 Stundenkilometer: Mit den restlichen 50 Stundenkilometern müssen wir selbst sehen, wie wir klar kommen!"
Will sagen: Gott lässt sich nicht versuchen, und Er lässt sich glücklicherweise auch nicht zu einer Marionette machen, die unseren Leichtsinn ausbadet.
All das hat auch und vor allem mit unserer Einstellung Gott gegenüber zu tun: Wenn wir in Gott einen Dienstleister sehen, der unsere Abenteuerlust zu beschirmen hat, müssen wir uns die Frage stellen, ob wir wirklich an den lebendigen Gott glauben oder ob wir uns nicht doch einen Götzen zusammen gezimmert haben, der mit dem Gott der Bibel nichts zu tun hat. Verantwortliche Eltern sind ja auch bei ihren Kindern konsequent und unterstützen deren Leichtsinn ganz sicher nicht. Manche Eltern gaben ihrem Sprössling Fahrradverbot, weil dieser sich nicht an die Verkehrsregeln hielt. In einem Ein-Euro-Job als Hausmeistergehilfe an einem Schulzentrum nahm ich einmal einigen Jungs die Kettcar weg, weil sie damit von einer Auffahrt auf die Strasse schossen und trotz Ermahnung weiter machten. Als sie ihren Leichtsinn einsahen und versprachen, es nie wieder zu tun, bekamen sie diese wieder. Sie wussten, dass ich ihnen das Vehikel nicht aus Bösartigkeit weg genommen hatte, sondern nicht wollte, dass ihnen etwas passiert.
Das ist mit Gott noch sehr viel intensiver: Gott weiß, was gut für uns ist, und Er verbittet sich, dass Er versucht wird, weil Er uns liebt und nicht will, dass wir im Leichtsinn uns selbst schaden. Wir sollen verantwortlich handeln, wir sollen unseren Verstand benutzen. Das ist ja auch gut für uns: Dann sind wir offen für Gottes Segnungen, dann setzen wir unser Vertrauen auf Ihn, dann haben wir Hochachtung und Respekt vor Ihm und werden weise.
Wir erkennen auch, dass Seine Gebote großartig, alltagstauglich und praktikabel sind; deshalb fordert Er uns auf, uns an ihnen auszurichten. Als Fahrschüler haben wir doch auch die Anweisungen und Ratschläge unseres Fahrlehrers angenommen und klugerweise nicht ausprobiert, ob er schnell genug mit seinem Fuß auf seiner Bremse steht. Ich vertraue auch den Brandschutzmeldern in meiner Wohnung: Trotzdem vermeide ich die Feuerprobe.
Gottes Gebote kann man - auch wenn es logischerweise wieder hinkt - mit bestimmten Schutzvorschriften vergleichen: Wenn man Feuervorschriften einhält, in dem man z. B. die Brandschutztüren schließt, in dem man Herde ausmacht und es noch einmal kontrolliert, in dem man keine leicht entzündbaren bzw. brennbaren Stoffe auf die Heizkörper legt, dann vermindert man die Risiken auf ein Minimum. Wer Unfallvorschriften beachtet, hat wenig Aussicht, in der Notaufnahme eines Krankenhauses aufzuwachen, und mancher Arbeitsunfall wäre vermieden worden oder zumindest erheblich glimpflicher verlaufen, wenn man sich an die Vorgaben der Berufsgenossenschaft gehalten hätte.
Unsere menschlichen Vorschriften sind nicht perfekt und sind dennoch schützend: Gottes Gebote schützen als vollkommene Gebote umso mehr. Sie vermeiden, dass ich mich verzettele, dass ich auf krummen, ungerechten Wegen wandle, dass ich mich in der Bosheit verstricke und mir selbst einen Strick drehe. Ich versuche Gott nicht, ich vertraue Ihm, wenn auch zu wenig. Doch je mehr ich Erfahrungen mit Gott mache, umso grösser ist mein Vertrauen, umso mehr halte ich Seine Gebote. Und ich kann bezeugen: Das tut gut!
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