| Gedanken zur Weihnachtsfeier (1. Joh. 4,9-16)
Daran ist erschienen die Liebe Gottes gegen uns, daß Gott seinen eingeborenen Sohn gesandt hat in die Welt, daß wir durch ihn leben sollen. Darin steht die Liebe: nicht, daß wir Gott geliebt haben, sondern daß er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsre Sünden. Ihr Lieben, hat uns Gott also geliebt, so sollen wir uns auch untereinander lieben. Niemand hat Gott jemals gesehen. So wir uns untereinander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist völlig in uns. Daran erkennen wir, daß wir in ihm bleiben und er in uns, daß er uns von seinem Geiste gegeben hat. Und wir haben gesehen und zeugen, daß der Vater den Sohn gesandt hat zum Heiland der Welt. Welcher nun bekennt, daß Jesus Gottes Sohn ist, in dem bleibt Gott und er in Gott. Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat. Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. 1. Johannes 4, 9-16 (Luther 1912) |
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Der verlesene Text aus dem 1. Johannesbrief ist kein ausgesprochener Weihnachtstext, und
doch sagt er klar aus, worum es an Weihnachten geht: Um die Liebe Gottes, die sich in der
Sendung des Sohnes Gottes in diese Welt zeigt. Diese Sendung hat Auswirkungen, auf die ich
mit einigen Gedanken eingehen möchte.
Darin zeigt sich die Liebe Gottes…! Wir denken hier zu Recht an Bethlehem, aber Gottes
Liebe war schon viel, viel früher wirksam. Viele von uns kennen sicherlich noch das Lied
"Liebte Gott der Herr uns nicht, hätt' er nicht die Erd' erschaffen, liebte Gott der Herr uns
nicht, hätt' er nicht all das getan." Nachdem Gott die Schöpfung vollendet hatte, gab er
seinem eigenen Werk die Note "Sehr gut". Wir alle kennen Bilder der Erde, wie sie
vom Weltraum aus zu sehen ist - ist der "blaue Planet" nicht wunderschön? Doch direkt nach
der Schöpfung hatte die Erde noch eine Besonderheit: Sie spiegelte das Antlitz Gottes wider.
Und als Krönung sollte sie das Antlitz des nach Gottes Bild geschaffenen Menschen
widerspiegeln.
Wie das ausgegangen ist, wissen wir, und die Konsequenz wäre beinahe die Vernichtung der
ganzen Menscheit in der Sintflut gewesen. Doch nicht Vernichtung war die letztliche
Antwort Gottes, vielmehr viele Jahrhunderte später ein kleiner Ort im jüdischen Land:
Bethlehem. Um des Kindes in der Krippe willen ist Gott uns sündigen Menschen wieder gut,
und auch unserer eigentlichen Bestimmung sollen wir wieder gerecht werden: dass diese Welt
durch uns die Liebe Gottes widerspiegelt.Von dieser Liebe Gottes an uns und durch
uns ist in unserem Text mehrfach die Rede, doch wie soll sie durch uns wirksam werden? Ich
denke, eine Strophe des vorhin gesungenen Liedes "Unser Heiland ist nun da" kann uns hier
hilfreich sein: "Kehr o Heiland bei uns ein, lass uns deine Wohnung sein. Mach uns von der
Sünde frei, brich des Teufels Macht entzwei.
Stell dein Bildnis in uns her, Adams Bild in uns zerstör." Wir alle tragen von Geburt an Adams Bild, und die Auswirkungen
zeigen sich nicht nur im persönlichen Bereich. Doch das ist die große Freude, die der Engel
den Hirten verkündigte: Dass es nicht so bleiben muss, sondern dass mit der Geburt des
Heilands etwas ganz Neues beginnt. Bei Menschen, die sich darauf einlassen, schlägt das Bild
Gottes wieder Wurzeln, und das bleibt nicht ohne Auswirkungen. Von diesen spricht der
Engel, wenn er sagt: "Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen des
Wohlgefallens." Wohlgefallen ist nicht nur gleichbedeutend mit Gottes Gnade uns
gegenüber, sondern es ist auch gleichbedeutend mit Wohlwollen als unserer Haltung
untereinander und gegenüber anderen Menschen. Das ist die Liebe, von der unser Text spricht
und die wir über Weihnachten hinaus im Herzen und zu den Menschen tragen dürfen -
als Widerspiegelung der Liebe, die ihr Werk an uns und in uns tut. Davon hat auch die Ausstellung "Gottesspiegelungen" im September hier im Gemeindezentrum einen tiefen Eindruck vermittelt.
Im Bewusstsein dieser empfangenen und weitergegebenen Liebe dürfen wir uns von Herzen
der Weihnacht freuen. Diese Freude soll und darf jetzt auch mit dem Lied "O du fröhliche"
ihren Ausdruck finden.
Autor: Gerhard Nisslmueller, Dezember 2005
(Autor: Gerhard Nisslmueller) |