Viele, die diese Zeilen lesen, sind Christen, ich denke, es werden sogar die Allermeisten sein, und ich bin überzeugt, dass sich die Menschen engagieren, dass sie regelmässig zu Gottesdiensten und in die Haus- und Bibelkreise gehen, dass sie Traktate verteilen oder sich im Kirchenchor engagieren. Auch ich besuche regelmässig Gottesdienste und fahre einmal im Monat nach Koblenz, um dort mit Glaubensgeschwistern evangelistische Schriften und Bücher zu verteilen. Aber oft bemerke ich, dass ich Manches aus Gewohnheit tue oder weil ich es als Christenpflicht ansehe; es wird also zur Pflichtübung. Darf Glaube aber "nur" Pflichtübung sein?
Nein, Glaube muss mit Leben, also mit Liebe gefüllt sein: Dann sind wir auch in der Mission überzeugend. Dann geht es weiter. Dann bemerkt unser Gegenüber, dass er akzeptiert, angenommen ist und mit seinen Fragen - auch den kritischen - ernst genommen wird. Er bemerkt, dass unser Glaube nichts Hypothetisches ist, irgend etwas, das gut taugt für die tiefsinnigen Universitätsdiskussionen von Gelehrten, sondern etwas, was im Alltag sich bewährt.
Glauben mit Leben bedeutet auch, den Glauben in die Tat umzusetzen, und dies ist weitaus mehr als Kirchenbesuch und Traktatmission, so wichtig Beides auch ist. Eine ältere Dame, der ich beim Einkaufen helfe, der Kranke, den Du besuchst, bemerken, dass Nächstenliebe mehr als nur ein Wort ist. Christinnen und Christen, die sich bei den Grünen Tanten engagieren, welche Alte und Kranke sowie Einsame besuchen, erfüllen den Glauben mit Leben genauso wie Sabine Ball es einst tat, als sie ihre Stiftung für benachteiligte Jugendliche in Dresden gründete. Mit Leben erfüllte auch Martin Luther King jr., als er mit Tausenden für die Bürgerrechte der Afro-Amerikaner vor allem in den Südstaaten der USA eintrat, und auch Pfarrer Siegeklkow, der sich um Kinder aus armen Familien, die als Geringverdiener oder als Hartz-IV-Bezieher ihr Leben fristen müssen, erfüllt Glaube mit Leben. Ein gutes Beispiel ist auch die Heilsarmee, die nach dem Motto "Suppe, Seife, Seelenheil" die Frohe Botschaft durch tätige Nächstenliebe weitergibt.
Glauben mit Leben füllen: Ein kleiner weinender Junge, den Du tröstest, spürt diesen gelebten Glauben genauso wie die Nachbarin, die einsam ist und die Du besuchst. Es sind nicht immer und nicht unbedingt die grossen Dinge, die man tun muss, man muss kein bedeutender Missionar sein wie Billy Graham, keine Wohlfahrtsorganisation gründen wie Sabine Ball. Oft sind es die kleinen und kleinsten Handreichungen, manchmal sogar ein Lächeln, ein gutes Wort, eine helfende Hand, ein offenes Ohr. Wenn der christliche Glaube von tätiger Liebe getragen wird, dann wird er mit Leben erfüllt.
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