Es gibt Hilfsprogramme, in die sehr viel Geld investiert wird und bei denen man im Nachhinein nicht umhin kommt, dass der Effekt gleich Null gewesen ist. So ist z. B. die Sockelarbeitslosigkeit seit der Ölkrise von 1973 / 1974 bis heute, also dem ausgehenden Jahr 2012, immer weiter angestiegen trotz aller Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, trotz Konjunkturprogrammen, trotz Förderungen von Einstellungen durch Lohnzuschüsse, trotz Umschulungen, Fort- und Weiterbildungen und vielem mehr. Eine Expertin hierzu nannte dies den so genannten "Schweine-Effekt". Damit keine Missverständnisse aufkommen: Sie hält Arbeitslose nicht für Schweine, sondern wollte am Beispiel der Agrarförderung deutlich machen, dass hier keine echten Lösungen vorhanden sind oder entwickelt werden: In der Agrarförderung wird z. B. die Aufzucht von Schweinen gefördert bis zu viele da sind, um dann Schlachtprämien zu gewähren, bis dann zu wenige Schweine da sind, um dann wieder die Aufzucht derselben zu fördern, um sie dann wieder durch Schlachtprämien zu dezimieren und so fort.
Ähnlich sieht es bei den Qualifizierungen von Arbeitslosen aus: Gibt es zu wenige Industriekaufleute, wird munter drauflos umgeschult bis es zu viele sind, um dann überhaupt keine mehr auszubilden. Am Ende wundert man sich, warum es keine mehr gibt und bildet wieder viel zu viele aus. Das ist ein stetiger Kreislauf, der zwar Aktionismus vortäuscht, dessen Wirkung aber dann verpufft zum Schaden der Arbeitslosen und der Wirtschaft genauso wie für Staat und Gesellschaft.
So erging es auch Hiob: Seine Freunde wussten zwar viel zu sagen und konnten ihm viele Tipps geben, doch das half ihm in seiner Situation überhaupt nicht. Anders ausgedrückt: Es nützt nichts, einem Schwachen, der unter einem schweren Baum liegt, ein Krafttraining zu empfehlen. Genauso wenig nützt es, jemanden in die Geheimnisse der höheren Mathematik einweihen zu wollen, wenn diesem die Fähigkeiten fehlen, das kleine Einmaleins zu erlernen.
Das hat nichts mit Arroganz oder gar der Verweigerung von Hilfe zu tun, sondern will sagen, dass man Menschen, die Hilfe brauchen, dort abholen muss, wo sie stehen. Sicher ist Hilfe zur Selbsthilfe sehr gut und sollte das Hauptziel einer jeden Hilfe sein, doch man kann keiner alten, an einer im Endstadium befindlichen Demenz leidenden Person Hilfe zur Selbsthilfe mehr geben, man kann allenfalls den Verlauf der Krankheit verlangsamen. Ansonsten bleibt allein die bestmögliche Pflege, gepaart mit echter Menschlichkeit und Nächstenliebe.
Eltern, die Kinder groß gezogen haben, wissen auch, dass Kinder unterschiedlich sind in ihrer Entwicklungsschnelligkeit und in ihren Fähigkeiten: Das eine Kind mag ein guter Mathematiker sein und das andere Kind ein Sprachgenie. Ein Kind macht von zehn bis zwölf große Entwicklungsschritte, ein anderes Kind vielleicht erst mit dreizehn oder vierzehn. Das muss man sehen, wenn man Kinder optimal fördern will. Es bringt auch nichts, wenn man von einem Dreijährigen erwartet, dass dieser sich mit Goethe oder Schiller befasst; man kann ihm nur durch das Vorlesen altersgerechter Texte die Liebe zur Literatur nahe bringen und die Grundlage dafür legen, dass es dann im entsprechenden Alter sich für die Klassiker unserer Literatur zu interessieren beginnt.
Für uns Christen ist es wichtig, diese Grundsätze zu verstehen und zu beherzigen. Es gibt Menschen, denen man Christus nur dadurch näher bringen kann, indem man ihnen praxisnahe Beispiele gibt, die in ihre Erfahrungswelt hineinsprechen. Andere Menschen erreicht man intellektuell mit guten Argumenten, und es gibt Menschen, bei denen der Appell an das Gefühl reiche Früchte trägt. Meist aber muss man erkennen, dass die Menschen vielschichtig sind und man niemals in Reinform intellektuell sein kann oder an Emotionen appellieren. Es ist klug zu erkennen, welchen "Mix" man hier anwenden sollte.
Eine gute Predigt für einen Menschen, der schwach ist, kann z. B. eine konkrete Hilfe sein: Derjenige, den man stützt, weil er nur sehr schlecht laufen kann, versteht an einem solchen Beispiel, was Nächstenliebe konkret ist. Einem Hungernden, der völlig entkräftet ist, hilft ja auch keine Sammlung von Kochbüchern und Speisenkarten, sondern ein Eintopf.
Wenn es darum geht, jemanden etwas zu erklären, dann muss man auch seinen geistigen Entwicklungsstand und seine Erfahrungswelt berücksichtigen. Fragt mich ein kleiner Junge, was es bedeutet, seine Eltern zu ehren, dann bringt es nichts, wenn ich ihm die geballte Ladung entsprechender Literatur aus der theologischen Fakultät beschaffe; damit wäre der Kleine logischerweise überfordert. Die Erklärung, dass er seiner Mutti vielleicht ein paar selbst gepflückte Blumen von der wilden Wiese am Waldesrand schenken kann und sein Vati sich sicherlich darüber freut, wenn er ihm beim Autowaschen am Samstag hilft, trägt hier wohl mehr zu Einsichten bei.
Anders ausgedrückt: Gott möchte, dass wir unseren Verstand, den wir von Ihm geschenkt bekommen haben, einsetzen. Dabei müssen wir uns nicht selbst unter Erfolgsdruck und in Stress versetzen: Gott verlangt von uns nicht, dass wir unsere Möglichkeiten überstrapazieren, sondern das nutzen, was wir haben. Wenn ich einen christlichen Artikel schreibe, erwartet Gott von mir nicht, dass es eine theologisch geschliffene Doktorarbeit wird, sondern dass ich hier die Erkenntnisse eines einfachen Gläubigen aufschreibe und mich von Ihm - Gott - leiten lasse. So gibt es auch Menschen, die sehr gut mit Worten trösten können, während andere Menschen weniger geschickt mit Worten sind, aber dafür jemanden ganz einfach an ihre Schulter drücken können, damit sich der Trauernde einfach mal ausheulen kann.
Doch auch hierbei gilt: Sich von Gott führen lassen! Schließlich kennt Gott uns besser als wir uns selbst und den Anderen besser als dieser sich selbst, und Gott kennt auch die Situation haargenau, in der wir sind. Lernen wir, uns von Gott hier genauso leiten zu lassen wie in allen anderen Situationen. Dann werden wir unter Seiner vollkommenen Leitung das Richtige zur richtigen Zeit tun.
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